Tagebuch: Doppelbödige Moral
Drei Spiele, drei Siege, 9:1. Trotz des guten Auftakts von Sturm, Salzburg und Austria in der Europacup-Qualifikation schaffte es nur einer über die Grenzen hinweg im Boulevard zu Aufmerksamkeit. Weil Marko Arnautovic in einem Interview behauptet haben soll, ... ... dass seine Traumfrau mit Tattoos und Silikon-Vorbau versehen sein müsste; ... dass auch seine aktuelle Einser-Braut, die er gar nicht so sehr liebe, über einen Chemie-Busen verfüge; ... dass ihm das Nationalteam wurscht sei; ... dass, dass, dass. Kaum war das vom Millionenblatt Bild zitierte Seitenblicke -Magazin damit erschienen, ließ der Plauderer über seine Pressesheriffs verlauten, er habe das Interview niemals gegeben. Bei der Polizei wird er sich, nachdem er in dieser Woche gleich zwei Mal kräftig in die Radarfalle raste, mit dem Abstreiten schwerer tun.
Wiederholungstäter
Es kann kein Zufall und nicht immer nur Verschulden anderer sein, wenn der Bremen-Legionär aus Wien-Floridsdorf in jeden Fettnapf tritt, den man ihm hinstellt. So wie es auch sicher kein Zufall ist, dass so viele Trainer von seiner Begabung schwärmen, die bei dem Werder-Angreifer zumindest bis hinauf zu den Knien reicht. Noch aber hat Arnautovic die Vorschusslorbeeren zu selten gerechtfertigt. Und deshalb wird hiermit schon wieder journalistisch Schindluder betrieben, nämlich über den Konjunktiv-Star im Vergleich zu seriösen Sportkollegen zu viel geschrieben.
Hütteldorfer Spagat
Auch was die Rapid-Rabauken betrifft, befindet sich unsereiner im Gewissenskonflikt. Einerseits können Platzsturm, Derby-Abbruch und Hausdurchsuchungen nicht verschwiegen werden. Andrerseits kommen Unruhestifter zu einer medialen Plattform, die sie nicht verdienen und die sie nur zu weiteren Dummheiten animiert. Wahrscheinlich wird jener griechische Ultra-Sympathisant, der ein Anführer beim folgenschweren Platzsturm gewesen war, in irgendeinem Athener Vorstadt-Beisl jetzt noch stolz die Einser-Seiten vom 23. Mai herumreichen, die ihn, den tätowierten Dickwanst, formatfüllend als Frontman im Hanappi-Stadion zeigt. Seine Hütteldorfer Freunde von der West, auf der sich auch einige Akademiker befinden, fühlen sich nach wie von Verein, Medien und Behörden verfolgt, Empfinden das Geisterspiel plus die Stadionverbote für ihre Rädelsführer als himmelschreiende Ungerechtigkeit. Was leider nicht ganz so verwunderlich ist in Zeiten wie diesen, in denen mit Exklusivinterviews von Mordverdächtigen oder Gattinnen verurteilter Bänker geprahlt wird und das Mitleid mit Tätern oft größer als mit deren Opfern ist.
Vollgas
Erklärt (aber nicht entschuldigt) kann der Frust radikaler Fans generell nur damit werden, dass sie eine Vereinstreue auszeichnet, die sie bei Spielern und Trainern heute oft vermissen; und dass sich Arbeitslose und Kleinverdiener provoziert fühlen müssen, wenn Jungstars mit Luxusschlitten beim Training vorfahren. Auch diesbezüglich befindet sich Vollgasgeber A. als Benützer eines Dienstautos und gleichzeitiger Besitzer von Audi R8 und Porsche in der Poleposition.
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