Hauptsach’, die Werberichtlinien werden eingehalten

von Wolfgang Winheim

über die Wertigkeit der Menschenrechte im Fußball

Wie sich die Zeiten ändern: Als am 6. 6. 2009 Österreich zum letzten Mal in Belgrad antrat, gehörten der Nationalelf nur drei Legionäre an. Und 50.000 sahen zu, wie Serbien mit Mühe rot-weiß-rote No-Names per Elfer 1:0 besiegte. Es sollte die beste Leistung in der Ära von Dietmar Constantini gewesen sein.

Heute lässt dessen Nachfolger Marcel Koller, falls Austria-Tormann Robert Almer nicht fit ist, eine ausnahmslos aus Legionären gebildete Nationalelf ins halb leere Stadion von Roter Stern einlaufen. Und heute wird Constantini, dessen Kinder-Sommercamps zum Renner wurden, als einer von rund einer Million ORF-Sehern vor dem Bildschirm sitzen und sich daran erinnern, wie er Aleksandar Dragovic just im Land seiner Eltern für Österreich (erfolgreich) debütieren ließ.

Wie sich die Zeiten ändern. Beim vorletzten Antreten des Nationalteams in Belgrad hieß am 31. 10. 1990 der Gastgeber noch Jugoslawien. Österreich war nach einem 0:1 gegen die Färöer zuvor zur Lachnummer verkommen und beim Teamchefdebüt von Alfred Riedl chancenlos. Trotz des Führungstores von Andi Ogris, trotz Herzog und Polster. Trotz Michael Konsel, der vier Bummerln kassierte. 1:4.

Schon nach dem Abschlusstraining hatte Jugoslawiens Teamchef Ivica Osim beim Plausch gegenüber Journalisten in den Stadionkatakomben so gewirkt, als würde ihm die Politik ungleich mehr Sorgen als das Länderspiel machen. Osims Vorahnungen sollten grausame Realität werden. Der Vielvölkerstaat brach auseinander. Osims bosnische Heimatstadt Sarajevo wurde zum Trümmerfeld, sein Nationalteam wegen des Balkan-Krieges nicht mehr zur EM zugelassen.

Anstelle von Gruppensieger Jugoslawien durften die Dänen als Zweiter der Österreich-Quali-Gruppe zur Endrunde 1992 nach Schweden und ... dort Sensations-Europameister werden. Heute, Sonntag, coacht Alfred Riedl als Indonesiens Teamchef die Auswahl des 250-Millionen-Menschen-Landes im Länderspiel gegen Vietnam. Heute pendelt der 75-jährige Osim, der in Graz als Sturms ehemaliger Meistermacher Kultstatus genießt, regelmäßig zwischen Sarajevo und seiner steirischen Zweitheimat.

Heute nehmen gleich sieben Länder aus dem einstigen Jugoslawien an der WM-Quali teil. Und heute sind auch die schlimmsten Verstöße gegen Menschenrechte und Kriege kein Ausschlussgrund mehr. Ob Assads Syrer, Iraker, Saudis, Somalier, Ukrainer, Russen oder Türken – alle kicken in den Bewerben des Weltfußballverbandes mit. Hauptsach’, die Werberichtlinien werden eingehalten und keine FIFA-Sponsoren vergrämt. Wann ändern sich die Zeiten?

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