Tagebuch: Auf der Alm, da gibt's viel Sünd'

Tagebuch: Auf der Alm, da gibt's viel Sünd'
Sölden-Besucher kommen sich im Ibiza des Wintersports wie im Wirtschaftswunderland vor.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Jetzt geriet auch in Sölden ein Hotel in russische Hand. Noch im Vorjahr hatten die Söldener von sich behaupten können, dass - anders als in Kitz - jeder Quadratmeter ihres mondänen Skiortes ausschließlich Einheimischen gehört. Heuer sind die Ötztaler stolz, dass das US-Ski-Team ein ganzes Ötztaler (Miet-)Haus zu ihrem neuen Dauerquartier in Europa auserwählt hat. Im Gegenzug dominieren Bode Miller und Lindsey Vonn Tiroler Plakatwände. Was dem Tiroler Peter Schröcksnadel gar nicht passt: Der ÖSV-Präsident fühlt sich provoziert, weil die Söldener ihre Werbe-Euros lieber ÖSV-Dauer-Kritiker Miller als ÖSV-Fahrern zukommen lassen. "Wenn i nach Sölden reinfahr', kimm i mir vor wie in Colorado." Neutrale Besucher kommen sich im Ibiza des Wintersports indes wie im Wirtschaftswunderland vor: Die Krise macht einen kräftigen Stemmbogen um Sölden. Noble Geschäfte, feine Hotels, belegte (12.000) Fremdenbetten. Und wer fremdgehen will, kann sich in 1400 Meter Seehöhe in Rotlicht-Bars darauf einstimmen. In 2600 Metern werden am Sonntag so viel teure Allrad-Autos parken wie noch nie; so viele Medienvertreter (557) berichten wie noch nie; so viele TV-Sender (allein elf live) vom Gletscher-Derby übertragen wie noch nie - während in Brüssel um die Rettung des Euros gekämpft wird. Doch ehe sich Polit-Kommentatoren an zu viel Ski-Hysterie wieder einmal stoßen, kann entgegnet werden, ... ... dass die Panorama-Bilder unbezahlbare Tourismus-Werbung bedeuten; ... dass sich Medienkonsumenten angesichts der Inflation an Gräuelmeldungen vielleicht nach etwas Positivem sehnen; ... dass die Söldener zu Österreichs fleißigsten Steuerzahlern zählen. Russische Rennläufer sind übrigens zwei Winter vor Olympia in Sotschi (noch) nicht am Start. Der Rubel rollt auch ohne sie.

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