Nichts ist mehr so, wie es war

Wolfgang Winheim über die WM 1978 in Argentinien.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Anders als heute war Österreich (darunter mit Siegen gegen Spanien, Schweden und Deutschland) dabei

von Wolfgang Winheim

über die WM 1978 in Argentinien

Samba statt Tango. Erstmals seit 36 Jahren ist Südamerika wieder Schauplatz einer Fußball-WM. Der Vergleich zwischen Argentinien 1978 und Brasilien 2014 kann kaum zwiespältiger ausfallen. Zum Glück bzw. leider ist nichts mehr so, wie es damals war.

Anders als heute durften nicht 32, sondern nur 16 Nationen mitspielen.

Anders als heute war Österreich (darunter mit Siegen gegen Spanien, Schweden und Deutschland) dabei.

Anders als heute durfte auch ein österreichischer Schiedsrichter ( Erich Linemayr) bei der WM pfeifen.

Anders als heute gab es damals für die dreiköpfige Spielleitung weder die Unterstützung durch einen vierten Mann, geschweige denn technische Hilfsmittel wie Goal Control und Headset.

Anders als 2014 in Brasilien, wo Afrika mit Nigeria, Kamerun, Ghana, der Elfenbeinküste und Algerien fünf Teilnehmer stellt, ließ die FIFA 1978 mit Tunesien nur ein afrikanisches Team mitspielen.

Anders als heute durften Torleute bei einem Rückpass noch ungestraft den Ball mit den Händen aufnehmen, worauf es nicht nur einmal zu einem unerträglich öden Festival der Zeitschinder kam.

Anders als heute konnte damals (zumindest bei österreichischen Buchmachern) auf Fußball wenig bis gar nicht gewettet, dafür bei Spielen (zumindest bei Argentiniens 6:0 gegen Peru) aus politischen Gründen (PR für Militärjunta) manipuliert werden.

Anders als im Computer-Zeitalter, in dem kommunikative Fußballer wie Austrias WM-Spieler James Holland dem KURIER zum Nulltarif Fotos aus dem australischen Camp Vitoria via Whatsapp zukommen ließ, hatten Reporterprofis 1978 oft gerätselt, ob ihre per Fernschreiben und Funk (Foto) übermittelten Berichte überhaupt unversehrt in den Redaktionen eingetroffen waren.

Anders als heute konnte damals noch jeder europäische WM-Journalist mit jedem europäischen WM-Star reden, und nach dem 3:2 gegen Deutschland war der Besuch der österreichischen Kabine erlaubt.

Anders als heute galt vor und während der WM 1978 für Zeitungen des Veranstalterlandes die Zensur.

Anders als in Brasilien 2014 ließ damals der argentinische Diktator General Jorge Videla weder das Veröffentlichen von Unfällen bei den WM-Vorbereitungen noch die Bekanntgabe der Baukosten zu. Den brasilianischen Staat kostet die WM 2014 einschließlich Stadien, neuer Infrastruktur wie Flughäfen, Zufahrten und Autobahnen 8,5 Milliarden Euro.

In Anbetracht des Defizits an Kindergärten, Krankenhäusern und Bildungsstätten ist diese Summe empörend hoch. Nur: Allzu herablassend braucht unsereiner nicht über "typisch südamerikanische Verhältnisse" zu urteilen. Hätten doch die versenkten 16, 17 oder 20 Hypo-Milliarden gereicht, um in Österreich locker zwei Weltmeisterschaften zu veranstalten anstatt eines Tangos Korrupti.

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