Buenas Noches

Spaniens Weltmeister-Macher schlief beim Beobachten des Gegners ein. Und Genies zittern vor einem bösen Erwachen.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Möglich, dass Spaniens Stars besonders ausgelaugt sind durch ihre besonders lange Liga-Saison.

von Wolfgang Winheim

über den taumelnden Weltmeister

Augen auf. Trotz später Beginnzeiten jubeln europäische TV-Anstalten über Rekord-Quoten. Auch WM-Abend Nummer sieben wird zum Pflichttermin für fußballbegeisterte Nachteulen.

Können die spanischen Weltmeister ab 21 Uhr MEZ gegen Chile das 1:5-Debakel, das ihnen die Niederlande zufügten, vergessen machen?

Haben die Kroaten in der Mitternachtsshow gegen Kamerun mehr Glück mit der Spielleitung als gegen Brasilien?

Nachdem die Schützlinge des ehemaligen Red-Bull-Angestellten Niko Kovac zuerst im Eröffnungsspiel und dann (unbekleidet) im Pool baden gingen, sehen sie weniger im Gegner Australien, sondern pauschal in den Medien ihren Hauptfeind.

Das Veröffentlichen privater Unten-Ohne-Fotos gehört sich auch wirklich nicht.

Nackte Tatsache ist, dass sowohl die Kroaten als auch die Spanier unter Siegzwang stehen.

Tormann Iker Casillas und Kameraden reden bereits von einem Endspiel, vor dem das Nervenflattern größer als 2010 vor dem wahren Finale sei.

Dass es für die Spanier gegen die Niederlande gar so schlecht lief, wird nicht nur an Arjen Robben (der mit über 31 km/h Sergio Ramos davon sprintete) gelegen sein, sondern vielleicht auch daran, dass nicht alle der Herren Weltmeister rasend viel rannten.

So hat der FIFA-Computer gleich vier Deutschen (Toni Kroos, Sami Khedira, Mario Götze, Philipp Lahm) in Bahia Salvador über elf Kilometer Laufleistung attestiert. Eine Distanz, die drei Tage zuvor im selben Stadion auf Seiten der Spanier nur für Kapitän Xavi, 34, gemessen wurde.

Genie als Handikap

Möglich, dass Spaniens Stars besonders ausgelaugt sind durch ihre besonders lange Liga-Saison. Oder trifft auf sie auch die Erkenntnis einer soeben von französischen Wissenschaftlern im Fachjournal Psychological Science veröffentlichte Studie zu?

Zu viel Genies in einer Mannschaft, heißt es darin, schmälern die Erfolgschancen bei einer Endrunde.

So gesehen ist Ex-ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger mit sechsjähriger Verspätung ein bisserl rehabilitiert mit seiner Aussage, die vor der EM 2008 Empörung ausgelöst hatte. "Ich stelle nicht die Besten, sondern die elf Richtigen auf."

Nur: Mit vielen Genies im Kader waren Hickersberger und seine Nachfolger nie wirklich gesegnet. Spaniens Weltmeistermacher Vicente del Bosque hingegen ließ mit Isco, Negredo, Navas, Llorente und Soldado etliche Ausnahmekönner zu Hause, die wir, wären sie Österreicher, wohl mit der Sänfte ins Happel-Stadion tragen würden.

Noch ist nicht vergessen, was Del Bosque vor vier Jahren in Südafrika (WM) und vor zwei in der Ukraine und Polen (EM) erreicht hat. Doch geht auch das heutige zweite Spiel in die Hose, dann werden sich Spaniens Medien daran erinnern, was der 63-jährige Coach vor drei Tagen gestand.

Er sei vor dem Bildschirm beim Fußballschauen eingeschlafen. Ärgerlich nur, dass es sich dabei um das erste Spiel von Spaniens heutigem Gegner Chile (3:1 gegen Australien) handelte.

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