Wiege-, Wiege-, Wechselschritt

Julia Schrenk

Julia Schrenk

Wer dieses Alter unbeschadet überstehen will, sollte sich unauffällig übers Tanzparkett bewegen können.

von Julia Schrenk

über die Entscheidung, sich für einen Tanzkurs anzumelden

Mit knapp dreißig Jahren oder ein paar mehr ist man genau in dem Alter. In dem nämlich, in dem man ständig auf Hochzeiten antanzen muss, aber gar nicht tanzen kann.

Wegen des Nicht-Tanzen-Könnens kann es ständig zu unerwarteten, peinlichen Situationen kommen. Zum Beispiel beim Schleiertanz: Traditionell tanzen dabei Männer mit der Braut, Frauen mit dem Bräutigam unter einem Leintuch, auf das zusätzlich Geld geworfen wird. Da kann man als Gast schwer sagen: "Also, ich werf’ euch gern ein paar Euro hinein, aber das mit dem Tanzen, das lassen wir lieber bleiben. Aus Gründen."

Irgendwann war also klar: Wer dieses Alter möglichst unbeschadet überstehen will, sollte sich unauffällig übers Tanzparkett bewegen können.

Deshalb: sechs Freunde, ein Tanzkurs. Im Oktober ging’s los, heute Abend werden wir stolze Absolventen eines Grundkurses sein und hoffentlich eine Medaille um den Hals gehängt bekommen. Denn gelernt haben wir viel. Tanzen ein bisschen, aber vor allem fürs Leben, und zwar von unserem Tanzlehrer:

Lektion 1: Auch wenn er es sonst nirgends ist: Beim Tanzen ist der Mann der Chef. Die Frau muss tun, was der Mann ihr anschafft. Nach vorne steigen, nach links drehen, die Hand heben, die Blickrichtung ändern.

Lektion 2: Haltung wahren. Klingt mühsam, ist es auch. Zahlt sich aber in den meisten Fällen tatsächlich aus.

Lektion 3: Wiegeschritt passt in allen Lebenslagen. Ich werde mir diesen Rat zu Herzen nehmen und beim nächsten Mal, wenn im Supermarkt beim Warten jemand "Zweite Kassa, bitte" ruft, empfehlen, stattdessen einfach einen Wiegeschritt zur Entspannung hinzulegen.

Zum Schluss noch ein Tipp an die Tanzschulen Wiens: Samba in einem Grundkurs braucht niemand. Man fühlt sich wie ein Duracell-Häschen, dem die Batterie ausgeht und schaut vermutlich auch so aus. Super wäre aber, wenn uns jetzt noch jemand sagen würde, wie wir erkennen sollen, zu welchem Lied wir welchen Tanz hinlegen sollen.

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