Kaffeehauskultur
Nicht einmal nach einem Sommerregen wollen manche ihre Tische abwischen.
Vergangener Sonntag, kurz vor 17 Uhr, Wien-Mitte. Nach einem ausgiebigen Spaziergang bin ich mir sicher, die Krönung dieses freien Tages ist ein Kleiner Brauner an der frischen Luft. Allerdings stellt sich heraus: Am Sonntag um 17 Uhr einen Kaffee im Schanigarten seiner Wahl zu trinken, ist manches Mal so schwierig, wie am Sonntag zu Mittag ein Restaurant zu finden, das nicht geschlossen ist.
Wahl-Lokal #1 für den Kleinen Braunen: Joseph Bistro in der Landstraßer Hauptstraße. Kurz nach fünf sitzt eine Frau als Einzige mit ihrem Kaffeebecher an einem der Schanigarten-Tische. Alle anderen Gastgartenmöbel sind mit Drahtseilen zusammengebunden. Schade, denke ich, schon zu. Aber: Nein, geschlossen wird erst um 18 Uhr – eigentlich. Egal. Wir beschließen, in die Konditorei Oberlaa zu gehen. Dort sind die Schanigarten-Tische regennass und mit Laub bedeckt. Niemand hat sie abgewischt. Drinnen sind alle Plätze belegt.
Da beschleicht einen ganz leicht das Gefühl, dass man als zahlende Kundschaft unerwünscht ist, und man fragt sich: Wie wird das erst im Winter sein? Da verlängert Wien die Schanigartensaison, aber nicht einmal nach einem Sommerregen wollen manche ihre Kaffeehaustische abwischen.
Gut, dass der Kaffee zu Hause auch nicht ganz schlecht ist.
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