Hoch-Zeiten für Hochzeiten

Julia Schrenk

Julia Schrenk

Anstatt beim Gärtner Blumen zu bestellen, die einem gefallen, lässt man sich jetzt von Agenturen Farbkonzepte erstellen

von Julia Schrenk

über die Geschäftemacherei beim Heiraten

"Macht dir eigentlich wer die Papeterie?", wurde unlängst eine Freundin, die heuer heiratet, von einer Bekannten gefragt. Die Freundin wusste zuerst nicht recht, was die Bekannte damit meinte, kramte dann aber doch ihre nur noch spärlich vorhandenen Französisch-Kenntnisse hervor und realisierte: Die Bekannte wollte wissen, ob sie Einladungen und Tischkärtchen für die Hochzeit selbst bastelt – oder machen lässt (die Freundin bastelt natürlich nicht selbst, sie kann nicht einmal eine gerade Linie mit einer Schere schneiden).

Dass man das jetzt Papeterie nennt, ist nur ein Beispiel dafür, wie sich das Heiraten zuletzt zur ultimativen Geschäftemacherei entwickelt hat.

Nicht, dass sich am Grundprinzip großartig etwas geändert hätte: Zum Heiraten braucht man noch immer einen Ort (nennt man jetzt ausschließlich Location, Anm.), etwas zum Essen, einen Fotografen oder eine Fotografin, ein paar Blumen und halt Einladungen und Tischkärtchen.

Nur anstatt einfach beim Gärtner Blumen zu bestellen, die einem gefallen, lässt man sich jetzt von zertifizierten Agenturen Farbkonzepte erstellen. Die Paare bezahlen dann jemanden, der ihnen sagt: Zu roten Rosen passt gut weißes Schleierkraut. Die Farben der Blumen werden dann auch zu "den Hochzeitsfarben" auserkoren. Schließlich müssen die Gäste wissen, wie sie ihre Kleidung farblich abzustimmen haben.

Es ist auch nicht mehr so, dass man einfach jemanden fragt, der einem die Fotos macht und den dann bezahlt. Es ist so, dass man sich für Fotografen bewirbt.

Oder wie würden Sie das bezeichnen, wenn potenzielle Kunden online folgende Fragen beantworten müssen: Welchen Stil wird eure Hochzeit haben? Wie viele Gäste kommen? Was habt ihr für euren schönsten Tag geplant? Was macht euch als Paar aus? Der Fotograf will also wissen: Ist dieses Paar cool genug, um auf seinem Instagram-Account herumgereicht zu werden.

Wie haben die Kaiser Chiefs schon 2007 gesungen? Love’s not a competition (but I’m winning).

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