sex IN DER FREIZEIT: Tiefenschärfe

sex IN DER FREIZEIT: Tiefenschärfe
Erinnerungen an den ersten Pornofilm: Wald, Wiese und Nuttiges im Dirndl. Vor allem aber: lachhaft harmlos. Die Zeiten sind für das Business jedoch härter geworden. Also setzt die Branche auf Pornos in 3-D.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Pornos - in ihrer eher unhomöopathischen Darreichungsform - haben mich nie ins Nirvana des Begehrens katapultiert. Das Schlagbohren erigierter Rammböcke langweilt. Wo wir doch eh schon wissen, was kommt. Ich kann mich noch an mein "erstes Mal" erinnern. Pornocineastisch entjungfert wurde ich mit einem Oeuvre der Sorte "Wald & Wiesen-Geilheit" - auf einer Party bei Freunden. Es war seinerzeit en vogue, kopulierende Menschen in Löwenzahn und Heu zu zeigen. Wohl als Inbegriff ungenierter Hemmungslosigkeit - dicht gefolgt vom Schnackseln auf Schreibtischen und in Umkleidekabinen von Tennisplätzen. Den Höhepunkt des Naturerlebnisses gab eine bemüht nuttige Blondine mit geflochtenen Zöpfchen und echten Brüsten - in angesagter Birnenform. Sie hutschte nackt und unrasiert auf einer phallisch aufgemotzten Wippschaukel. Dabei juchzte sie beseelt - Jaaa! Ah! Ohhhh! Eieiejeijei! - in den blühenden Hain. Im Off glückliches Zwitschern von Vögeln. Ab und zu schwenkte die Kamera zu einem Nebensauplatz, wo eine Dame im hochgeschobenen Dirndlkleid sich von einem Herren ohne Lederhose, aber mit einem Prügel von Schwanz, wie eine Scheibtruhe durch die grüne Kulisse schieben ließ. Meine Pulsfrequenz blieb von der phallischen Performance unberührt. Ich erinnere mich nur, dass mich der etwas tumbe Gesichtsausdruck des Lederhosennichtträgers an den Mops des Nachbarn erinnerte. Monotonie! Als es endlich Gulaschsuppe, Kinder! aus der Küche tönte, gab es wenig Halten in der Pornorunde. Da standen wir, schlürften aus Löffeln und lauschten mäßig papriziert der fernen Tonspur aus Muah, Mmpf, Ih, Jaha und Ohhhhja! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann schieben, schaukeln und stöhnen sie so heute nicht mehr. Die Gangart des Genres ist nämlich härter geworden - die Pornobranche braucht Nachschub angesichts steigender Konkurrenz aus dem Internet. Heftig im Kommen: Sex in 3-D. In Hongkong hat die 3,5 Millionen US-Dollar teure Produktion mit dem klingenden Titel 3D Sex and Zen: Extreme Ecstasy gerade einen Megastart hingelegt. Am ersten Tag wurde der Besucherrekord von "Avatar" gebrochen. Dabei ist das Werk für Pornofreaks so harmlos wie Dinkelcracker. Nackt- und Liebesszenen - ja, schon. Aber so richtig arg und eindringlich wird's nie. Egal. Hauptsache Titten so saftig und hautnah wie Pfirsichmelba. Darin liegt wohl der (angebliche) Reiz der neuen (eher alten - das gab's ja alles schon mal) Technik: Dass man da sitzt mit seiner 3-D-Brille und holla, wabern nasse Geschlechtsteile Richtung TV-Sessel. Läufigkeit zum Anfassen - dank 3-D-fähigem HD-TV und 3- D-Blue-ray-Playern. Ein multimedialer Auflauf aus Erektionen, Kitzlern und Cumshots wie aus der Stutenbesamungsanlage. In der Hoffnung, all das wäre dann endlich so real, dass das p.t. Publikum zum Knirps greift, um sich vor drohender Befleckung zu schützen. Wer auf diese Form der Runterholkultur steht, bittesehr. Für manche lebt halt die Hoffnung, dass das Pornokino noch einmal seine Auferstehung feiert. Aber dann wird wohl statt Popcorn nicht nur die hübsche 3-D-Brille gereicht, sondern auch gleich das Kleenex dazu. Wohl (be)komm's.

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