Göttin und Gleitgel

Mit dem Erfolg von „Fifty Shades of Grey“ hat sich viel getan: Autorin E. L. James ist reich, auch Buchhandel und Sextoy-Anbieter profitieren. Im Mai wird das neueste Werk von James erwartet: ein Göttinnen-Ratgeber. Vom Sadomasochismus zur Mystik ist es also nicht weit.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Allerlei gibt’s zum Thema „Fifty Shades of Grey-Lifestyle“ im gut sortierten Handel.

von Gabriele Kuhn

über die „Fifty Shades of Grey“-Autorin E. L. James.

Buchhandel gerettet. Und zwar – ausgerechnet – von der Sadomaso-Trilogie namens „Fifty Shades of Grey“. Tatsächlich brachten die weltweit mehr als 65 Millionen verkauften Exemplare nicht nur für Autorin E. L. James ein dickes Konto. Auch dem Verlag und den Buchhändlern geht es prächtig. Das macht Freude – und nachdenklich. Bekanntlich handelt es sich ja bei dem Werk nicht unbedingt um atemberaubende Aufsätze. Rein literarisch betrachtet, dümpelt man hier eher auf Dreigroschenniveau. Aber, egal – vielleicht ist dieser Mix aus leicht verdaulicher Sexualgrammatik gerade deshalb so erfolgreich. Der Sadomaso-Sabber rund um den „Cooler-Businesstyp unterwirft unschuldige Studentin“-Plot sorgt auf jeden Fall ungebrochen für feuchte Slips und schmutzige Fantasien. Überall, wo E. L. James auftritt – Sexismus-Debatte hin oder her – gibt es Standing Ovations & Ovarien.

Es liegt also nahe, diesen Trend weiterhin auszunützen, etwa mit einer klugen Merchandising-Maschinerie. Kaum ein Sex-Shop, der hier nicht in der Sekunde mit einschlägigen Angeboten aufwarten wollte. Seither müssen Ehemänner ihre Muttertagsgeschenke nicht mehr zwingend im Blumenfachhandel ordern, sondern greifen beherzt zum Bondage-Boxerl mit puffigen Handschellen, lustigen Gebinden und einem knallig-rosa Peitschchen. Mutti wird es gefallen – und falls es doch nicht so flutscht, wie erhofft: Das Gleitgel ist eh inkludiert. Allerlei gibt’s zum Thema „Fifty Shades of Grey-Lifestyle“ im gut sortierten Handel: den Armreif mit den Buchstaben B, D, S, M, die Halskette mit einer kleinen, silbernen Krawatte, Mini-Handschellen und einer frivolen Maske. Ehrlich, ich würde den Mann, der mir sowas schenkt, zur Strafe Muffins für eine ganze Kindergartengruppe backen lassen. Oder eine knallen – aber vielleicht hat er es ja darauf angelegt. Dazu können Ambitionierte Federn zum Kitzeln, Peitschen zum Bestrafen, Knöchel- und Armgelenksfesseln zum Festmachen oder das „First-Time-Bondage-Set“ namens „Submit To Me“ (Unterwirf dich) bestellen. Da drin ist etwas, das wie eine Fliegenklatsche oder Teigspachtel aussieht – für Popoklatsch. Ich hoffe, eine Anleitung ist inkludiert, im Sinne von „safe, sane, consensual“ (sicher, gesund, einvernehmlich): So eine Hauerei als emotionaler Bestrafungsakt für schlecht gebügelte Hemden oder allgemeinen Ehefrust kann nämlich auch schief gehen. Dann gibt’s Bluterguss statt Samenerguss.

Apropos. Frau James, die nun steinreiche Autorin des Erotik-Dreiers, haut wieder in die Tasten. Sie gab vor Kurzem bekannt, eine Art Ratgeber zu schreiben – Erscheinungstermin: 1. Mai. Nein, kein „Wie unterwerfe ich Ehemann, Schwiemu und alle, die sonst noch nerven“-Werk. Vielmehr möchte sie Frauen dabei unterstützen, ihre „innere Göttin“ zu finden. Ich habe keine Ahnung, wann die Buchmillionärin die Eingebung dafür hatte, aber einsam ist sie damit nicht: Bei Amazon gibt es zu diesem Genre alleine auf Deutsch an die 150 Bücher. Dennoch gehe ich davon aus, dass nach Erscheinen das große Göttinnen-Merchandising startet. Mit Göttinnen-Speisen, Göttinnen-Tampons oder Göttinnen-Vibrator mit Erleuchtungsmodus. Ohhh – mm.

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