Wie viel Freizeitstress guttut

Fußball - bei Buben besonders beliebt
Nach der Schule wollen Kinder entspannen und Spaß haben – für jeden bedeutet das etwas anderes.
Ute Brühl

Ute Brühl

Der Terminkalender von Kindern gleicht heutzutage oft dem eines Spitzenmanagers: montags Fußball, dienstags Klavierstunde, mittwochs Englischunterricht, donnerstags das etc. etc.

Weil viele Eltern Angst haben, dass ihr Kind zu wenig gefördert werden könnte, bieten sie ihm häufig eine Vielzahl an Kursen und Sportaktivitäten an. Das richtige Maß für ihren Nachwuchs zu finden, ist da gar nicht so einfach. Denn eine Faustformel, wie viele Hobbys für Kinder in einem bestimmten Alter gut sind, gibt es nicht. Es sind also andere Entscheidungskriterien nötig.

Kein Stress

Die Psychologin Elfriede Wegricht betont, dass "Hobbys so lange gut sind, wie sie der Entspannung des Schülers dienen. Sobald eine Freizeitaktivität für das Kind eine zusätzliche Anstrengung ist, ist sie sicher nicht gut."

Das ist die Theorie. Doch wie stellen Eltern in der Praxis fest, dass es zu viel wird? "Wenn der Bub oder das Mädchen ständig überdreht ist, dann sollten Eltern die Reißleine ziehen", sagt Wegricht. "Die menschliche Seele braucht Zeit, um all das, was Körper und Geist wahrgenommen haben, zu verarbeiten. Gelerntes muss unser Gehirn richtig einordnen. Das sollten die Eltern auch ihrem Kind vermitteln. "

Die Psychologin hat auch Alternativen parat: "Nehmen Sie Ihren Sohn oder Ihre Tochter mit in die Natur, atmen Sie durch, lassen Sie ihren Gedanken freien Lauf. Machen Sie vor, wie man unverplante Zeit nutzt, um abzuschalten."

Nicht nur die Frage, wie viel, sondern auch was ein Kind machen soll, ist nicht leicht zu beantworten. Bei der Entscheidung lassen sich junge Menschen oft von Gleichaltrigen anstecken: Geht die beste Freundin ins Ballett, will es die Tochter auch. "Sie wird mit dem Hobby aber nur glücklich, wenn es zu ihr passt", sagt Wegricht. Deshalb ist es ratsam, dass Eltern und Kind gemeinsam entscheiden, ob es im kommenden Schuljahr einen Englischkurs besucht oder zum Hockey-Training geht. "Eltern dürfen den Nachwuchs bei so einer Entscheidung durchaus etwas leiten. Normalerweise wissen sie ja, wo seine Interessen liegen", meint Wegricht. Auch wenn es Eltern noch so gut meinen, "ein Kind zu einem Kurs zu zwingen, ist falsch. Das wäre mehr Stress als Entspannung."

Schnuppertage

Bevor man eine endgültige Entscheidung fällt, sollte das Kind in einem Kurs schnuppern gehen. "Meist merkt es selbst, ob ihm etwas Spaß macht oder nicht", sagt die Psychologin. Ist eine Entscheidung gefallen, muss das Kind den Kurs auch durchziehen – mindestens für ein Semester oder ein Jahr ." Das müssen Eltern mit dem Kind vorab fix ausmachen", sagt Wegricht.

Bei Jugendlichen – besonders bei Burschen – ist die Lieblingsbeschäftigung oft das Computerspielen. "Am PC zu sitzen ist kein Hobby", sagt Wegricht. Das heißt natürlich nicht, dass Kinder gar nicht an den Bildschirm dürfen. "In Maßen ist das erlaubt. Viel mehr als eine halbe Stunde sollte einem Erstklassler aber nicht erlaubt sein, später darf es mehr sein."

Der Grund: Elektronische Medien haben enormes Suchtpotenzial. "Eltern müssen von Anfang an darauf achten, dass ihr Kind nicht zu viel vor dem PC sitzt. Ist es erst einmal süchtig, ist es unheimlich schwierig, sie wieder davon loszueisen", weiß Wegricht aus der Praxis.

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