Teamplayer und Egoisten

Paul Scharner

Paul Scharner

Wirklich glänzen lässt es sich nur in einer funktionierenden Mannschaft.

von Paul Scharner

über Teamplayer und Egoisten

Fußball ist bekanntlich ein Mannschaftssport. Dennoch rücken die Stars immer stärker in den Mittelpunkt. Das extremste und prominenteste Beispiel ist aktuell Lionel Messi beim FC Barcelona: Kaum hatte sich der argentinische Weltfußballer verletzt, ist schon die Diskussion losgegangen, ob Barcelona ohne ihn überhaupt noch ein Spitzenteam ist.

Seine Sturmpartner Neymar und Suárez würden es zwar nie zugeben, aber ich bin mir sicher, dass sie neben dem weinenden Auge wegen des Messi-Ausfalls auch ein lachendes haben. Endlich können sie in die Star-Rolle schlüpfen, die sie bei fast allen anderen Klubs hätten. Spannend wird, wie sich Barça anpassen kann. Bisher waren alle Spieler nur Zuarbeiter für Messi, jetzt sollen sie aus seinem Schatten treten.

Unter Trainer Luis Enrique ist Messi der Superstar, aber dennoch in eine etwas "menschlichere" Rolle gerückt als unter Pep Guardiola. Beim heutigen Bayern-Trainer soll Messi sogar über Transfers mitentschieden haben.

Auf jeden Fall war offensichtlich, dass er daran mitgewirkt hat, Ibrahimovic nicht zur vollen Entfaltung bringen zu lassen. Damals sind zwei Alphatiere aufeinandergetroffen, von denen nur der "Einheimische" die Führungsrolle einnehmen konnte.

Ähnliches erkenne ich bei Real Madrid bei Cristiano Ronaldo und Gareth Bale. Angefangen hat es damit, dass der Waliser in der Anschaffung noch teurer als Ronaldo war, und da geht es auch um Eitelkeiten. Zuletzt gab es ja sogar Berichte, dass sich Bale über das Mobbing von Ronaldo beschwert haben soll.

Jetzt ist mit Trainer Rafael Benitez ein Teamplayer am Werk. Ich habe damals in der Premier League mitbekommen, wie er bei Liverpool sehr stark darauf aus war, ein gutes Teamgefüge zu schaffen. Ob das auch bei Real Madrid gut gehen kann?

Team-Chef

Noch stärker auf den Teamgedanken baut Marcel Koller beim österreichischen Nationalteam. Die Ergebnisse beweisen: Auch das ist ein Weg nach Rom. Speziell die letzte Weltmeisterschaft in Brasilien hat gezeigt, dass die Nationalmannschaften von Deutschland, Chile, Kolumbien und Costa Rica mit dem besseren Teamgefüge erfolgreicher waren bzw. überraschten. Das Starprinzip mit Messi, der Barcelona zum Sieg in der Champions League führt hat, scheint eher besser auf Klubebene zu funktionieren. Und das Motto "Die Mannschaft ist der Star" kann dort auch zum absoluten Erfolg führen, wo es weniger Ressourcen (Finanzen, Spielermaterial, gemeinsame Zeit) gibt.

Es hat sich gezeigt, was auch ich aus meiner Karriere mitgenommen habe: Wirklich glänzen lässt es sich nur in einer funktionierenden Mannschaft.

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