Eine Woche mit vier Highlights

Paul Scharner
Paul Scharner

Paul Scharner

Wir Österreicher rühmen uns ja gerne für die vielen Winter-Medaillen. Zum Vergleich: Norwegen hat 5,2 Millionen Einwohner.

von Paul Scharner

über Olympia

Die erste Olympia-Woche hatte für mich vier Highlights, die aus dem ohnehin hohen Leistungsniveau noch herausragen:

Marcel Hirscher In der Kombination hat der Olympiasieger die letzte und – auch wenn es bei seinen vielen Rekorden kurios klingt – wichtigste Stufe auf der Karriereleiter genommen. Möglich wurde das, weil sich Hirscher in den letzten acht Jahren als Persönlichkeit entwickelt hat: Er war so stark auf das große Ziel fokussiert, dass er den starken Wind ausblenden konnte. Es spricht für den Allergrößten, dass er ohne die größte Vertrauensperson (Papa Ferdl) vor Ort alles abrufen konnte.

Dass vor Ort kaum einer zuschaute, ist hingegen der einzige Wermutstropfen seiner Triumphfahrt in Südkorea.

Matthias Mayer Beim Olympiasieger im Super-G fasziniert mich, dass er ein Experte für die wirklich wichtigen Rennen geworden ist. So wie Aksel Lund Svindal, dem völlig egal war, ob die Abfahrt leichter zu fahren ist als die Klassiker, hat sich Mayer den Umständen perfekt angepasst. Zuerst als Titelverteidiger in der Abfahrt ein Teil des rot-weiß-roten Debakels, dann analysiert, neu aufgesetzt und im Super-G perfekt reagiert. Das können nicht viele – deswegen gibt es auch nicht so viele Olympiasieger in zwei verschiedenen Disziplinen.

Die Rodler Bei der rodelnden Medaillenbank aus Österreich fällt auf, dass Sportdirektor Markus Prock immer liefert – auf dieses relativ kleine Team mit hohem Tiroler Anteil ist Verlass! David Gleirscher musste ausgerechnet gegen seinen Bruder Nico die Quali für PyeongChang bestreiten. Ich hoffe, dass diese familiäre Herausforderung nach der Rückkehr des Olympiasiegers gemeistert werden kann – damit die Rodler auch künftig wie eine echte Familie wirken.

Die Norweger Wir Österreicher rühmen uns ja gerne für die vielen Winter-Medaillen mit nur acht Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: Norwegen hat 5,2 Millionen Einwohner. Da ist diese Bilanz mit den derzeit meisten Medaillen aller Länder der positive Wahnsinn!

In meiner Zeit als Legionär bei Bergen konnte ich diese Sportnation aus der Nähe kennenlernen. Zum einen ist es der starke Fokus auf Erfolg: Mein Trainer Mons Ivar Mjelde, der frühere Austria-Stürmer, hat zu mir gesagt, dass er meine Liebe für akribische Arbeit im und neben dem Training eher von seinen Landsleuten in den nordischen Sportarten als von österreichischen Fußballern kennt. Stars wie Aamodt, Kjus oder Björndalen haben auch deswegen so viele Medaillen gemacht, weil sie perfekt auf diesen einen Tag beim Großereignis hintrainiert haben und nur darauf fokussiert waren.

Wochenend-Sportler

Der zweite Grund ist ein gesellschaftlicher Zugang: Die meisten Norweger leben in Städten, packen am Freitag aber Kind und Kegel zusammen und fahren raus in die Natur. Das Wochenende wird auf dem Berg oder in einer Hütte am Land verbracht. Mit Zeit für die Familie und ganz viel Sport. Deshalb werden die Kinder früh für den Sport begeistert. Viele von ihnen gewinnen später Medaillen.

paul.scharner@kurier.at

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