Wahl in der Stadt der Besonderheiten

Daniela Kittner

Daniela Kittner

Zu groß sind die Besonderheiten in der steirischen Hauptstadt

von Dr. Daniela Kittner

über die Graz-Wahl

Am Sonntag beginnt in Graz der Wahlreigen der kommenden zehn Monate. In der zweitgrößten Stadt Österreichs sind heute 210.000 Menschen wahlberechtigt. Ihr Abstimmungsverhalten ist ein erster Stimmungstest für den Wahlreigen in den kommenden zehn Monaten, der mit der Nationalratswahl im September 2013 endet. Allerdings ist das Grazer Wahlergebnis nur beschränkt aussagekräftig für den Bund, zu groß sind die Besonderheiten in der steirischen Hauptstadt: Die Wahlbeteiligung ist in Graz traditionell niedrig, nur 57 Prozent der Grazer nahmen vor fünf Jahren an der Gemeinderatswahl teil. Zum Vergleich: An der Nationalratswahl 2008 beteiligten sich 79 Prozent der Wahlberechtigten.

Die ÖVP stellt mit Siegfried Nagl den Bürgermeister, der mit dem Amtsbonus als Stadtchef in die Wiederwahl geht. Im Bund ist die ÖVP Zweite und die SPÖ Erste, während Nagl in Graz von den Sozialdemokraten keine Konkurrenz befürchten muss. Die zittern dort sogar um den zweiten Platz.In Graz gibt es seit Jahren das Phänomen einer starken KPÖ, die diesmal wieder an der 20-Prozent-Marke knabbert.

Trotz all dieser Besonderheiten wird vom Grazer Wahlergebnis eine Stimmung ausgehen: Wer liegt im Aufwind? Welche Partei wird – mehr oder weniger elegant – eine Niederlage wegzureden versuchen? („Lokales Ereignis“ – man kann es voraus ahnen).

Wahl in der Stadt der Besonderheiten

Auf ein gutes Ergebnis stellt sich die ÖVP ein. Nagls Spitzenplatz ist ungefährdet (siehe Grafik), und er hat es verstanden, aus einer launigen Aussage der Grünen ein Mobilisierungsthema zu machen. Grünen-Chefin Lisa Rücker hatte über eine KP-Bürgermeisterin philosophiert – was die Grazer ÖVP prompt dazu nutzte, um vor einer Rot-Front zu warnen.

Prekär

Prekär ist die Lage für die SPÖ. Sie sank das letzte Mal schon auf einen historischen Tiefstand und könnte laut Umfragen heute noch einmal verlieren. SPÖ-Stadtchefin Martina Schröck hat schon vorbeugend der Bundes-SPÖ den Schwarzen Peter zugeschoben: Es seien „keine sozialdemokratischen Werte mehr erkennbar“, und wenn die Bundespartei nicht über Reformen nachdenke, werde die SPÖ bei der nächsten Wahl „so etwas von einer Watsch’n kriegen.“ Mag sein. Mag aber auch sein, dass sich die (Grazer) SPÖ einmal fragen könnte, warum die Mini-KPÖ gleich zwei Wohnbaustadträte hintereinander hervorbringt, über deren soziale Leistungen ganz Österreich spricht, und die SPÖ als angebliche Stadtpartei keinen. Im Gegenteil: Die SPÖ lässt sich in Wien von den Grünen sogar das Leibthema des Roten Wien – sozialer Wohnbau – aus der Hand nehmen, noch dazu mit widersinnigen Vorschlägen einer staatlichen Mietobergrenze.

Zu den Verlierern dürften heute auch die Grünen zählen.Den Blauen werden Zugewinne, aber keine großen Sprünge prophezeit.

Kommentare