Politik von innen: U-Ausschuss bringt Koalition in Turbulenz

Politik von innen: U-Ausschuss bringt Koalition in Turbulenz
"Willst Du wirklich, dass die gemeinsame Regierungsarbeit nun ein Jahr lang von Skandalen zugedeckt wird?", soll Faymann Spindelegger sinngemäß gefragt haben.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Der angekündigte Untersuchungsausschuss im Parlament löst schwere Turbulenzen in der Koalition aus. In Abwesenheit von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger spitzte sich die Lage dramatisch zu. In der ÖVP stieg in den letzten Tagen der Druck seitens der Funktionärsbasis, die Inseratenvergabe durch das Duo Faymann und Josef Ostermayer in dem U-Ausschuss zu durchleuchten. In gewisser Weise ist die SPÖ an dieser Stimmungslage mitschuld: Sie hat zum Auftakt der Herbstarbeit die Telekom-Affäre benutzt, um mit dem "blau-schwarzen System" unter Kanzler Wolfgang Schüssel abzurechnen. Jetzt herrschen in der ÖVP Revanche-Gelüste, das "System Faymann" zu zerpflücken. Diese Stimmung schlägt auf die ÖVP-Klubführung durch, die nun den Antrag der Opposition für den Untersuchungsausschuss vollinhaltlich unterstützen will. FPÖ, BZÖ und Grüne haben sich auf folgende Themenliste geeinigt: BUWOG-Privatisierung, Blaulicht-Funk, Telekom-Affäre, Vergabe von Staatsbürgerschaften, Lockerung des Glücksspielmonopols und eben die Vergabe öffentlicher Inserate. "Alles muss auf den Tisch, wir wollen den Ausschuss ordentlich machen", heißt es aus dem ÖVP-Klub. Der U-Ausschuss könnte ein Jahr, bis Juli 2012, dauern. Am Freitag sickerte die Nachricht von der verschärften Gangart der ÖVP durch: SPÖ-Klubchef Josef Cap bekam davon Wind, ebenso eine Reihe von Abgeordneten. Die SPÖ will ihren Kanzler keinesfalls vor den U-Ausschuss zitieren lassen, sie will nur die Telekom-Affäre und die Vergabe des Blaulichtfunks durch den damaligen Innenminister Ernst Strasser untersuchen. Aber die ÖVP bleibt hart. Die SPÖ wendet sich an Regierungskoordinatorin Maria Fekter - erfolglos. Telefonate über den Atlantik. Am Rande der UN-Konferenz in New York schlägt die Nachricht aus Wien heftige Wellen. "Willst Du wirklich, dass die gemeinsame Regierungsarbeit nun ein Jahr lang von Skandalen zugedeckt wird?", soll Faymann Spindelegger sinngemäß gefragt haben. Faymanns Argument scheint zu verfangen, denn der Vizekanzler schickt nun zwei Emissäre vorzeitig nach Wien zurück, um die Causa "geradezubiegen". Offen ist, ob Spindelegger die Stimmung in der ÖVP noch einfangen kann, selbst wenn er es wollte. Kommende Woche findet zunächst eine koalitionsinterne Verhandlung zwischen SPÖ und ÖVP über den U-Ausschuss statt. Am Donnerstag oder Freitag wollen sich Cap und ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf mit der Opposition treffen. Ziel ist ein Fünf-Parteien-Antrag. Sollte die ÖVP dabei bleiben, sich der Opposition anzuschließen, wird die SPÖ nicht als Einzige gegen den U-Ausschuss sein können. Daher, so glaubt man in der ÖVP, werde es zu keinem Koalitionsbruch im Nationalrat durch Überstimmen der SPÖ kommen.

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