Politik von innen: Töchter in Hymne
Erinnern Sie sich noch? Mit einer Überrumpelung der Männer durch eine schwarz-rot-grüne Frauenallianz ging das Parlament im Juli in die Sommerpause. Ziel der Aktion war: Die "großen Töchter" sollen endlich auch in die Bundeshymne dürfen. Versprochen wurde eine rasche Debatte im Nationalrats-Ausschuss im Herbst, dann der Beschluss. Was hingegen bisher geschah: ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm wurde in der ÖVP-Klubsitzung am vergangenen Dienstag in einer Weise zusammengeputzt, dass die ansonsten unerschrockene Kämpferin wütend und tief betroffen aus dem Raum stürzte. Vor versammelter Mannschaft waren Klubchef Karlheinz Kopf, seine Stellvertreter und mehrere Abgeordnete über sie hergezogen. Der offizielle Grund war, dass Maria Rauch-Kallat vor dem Sommer den Hymnen-Antrag ohne vorherige Abstimmung mit den ÖVP-Abgeordneten im Plenum eingebracht hatte. Weil Rauch-Kallat inzwischen zurückgetreten ist, bekam Schittenhelm den ganzen Zorn ab. "Ja, die Vorgangsweise war nicht korrekt", räumt Schittenhelm im kleinen Kreis ein. "Aber was sich die Männer in der ÖVP laufend für Illoyalitäten erlauben - und da gibt es nie eine solche Hinrichtung." Inoffiziell wird vermutet, dass die Klubführung die Abkanzelung inszenierte, um vom ÖVP-Desaster in Wien abzulenken. Tatsächlich fiel dann über Wien in der Sitzung kein Wort. Die Änderung der Bundeshymne ist dennoch nicht vom Tisch. Schittenhelm ließ sich nicht entmutigen. Bei der Klubklausur in Saalfelden machte sie erneut einen Vorstoß und schlug eine offene, namentliche Abstimmung im Plenum vor. Doch auch das wollen die ÖVP-internen Gegner der "Töchter" nicht, weil sie Angst haben, als Machos dazustehen. Die ÖVP-Hoffnung, die SPÖ würde aus Rücksicht auf die Krone einknicken, erfüllt sich auch nicht. SPÖ-Klubobmann Josef Cap: "Die SPÖ steht zur Änderung der Bundeshymne. Dies ist eine langjährige Forderung der SPÖ, und nachdem große Teile der ÖVP dies auch wollen, wird damit der Rahmen der koalitionären Zusammenarbeit im Parlament nicht übertreten."
VP-Klubchef Kopf sorgt mehrfach für Zores. So ist Wolfgang Schüssel vor 14 Tagen zurückgetreten, aber noch immer hat die Europa-Partei ÖVP keinen neuen EU-Sprecher. Auch der Koalitionspartner ist irritiert. Auf der Klubklausur sagte Kopf, Vermögenssteuern würden Unternehmen und Vermögen aus Österreich vertreiben: "Wer das will, soll gleich vorausgehen." Das lässt Cap nicht unwidersprochen: "Wir werden selbstverständlich im Land bleiben und weiter für Gerechtigkeit und eine Millionärssteuer eintreten."
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