Politik von innen: Regierung im Ruhestand

Politik von innen: Regierung im Ruhestand
In der Bundesregierung herrscht der gemächliche Betrieb eines Kurbads im Altweibersommer.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Am 23. August beendete die Regierung ihre Sommerpause offiziell mit dem ersten Ministerrat. Mittlerweile schreiben wir Oktober, und es wurde seither kein einziges Gesetz nennenswerter Bedeutung zu den großen Themen des Landes verabschiedet. Bildung: null. Verwaltungsreform: null. Frühpensionen: null. Transparenzpaket: null. Spitalsreform: null. Die Herbstsaison eröffnete die Regierung mit einem Verbot der geologischen Speicherung von Kohlendioxid. Eh auch wichtig. Entsprechend der Kurort-Atmosphäre gleichen die Berichte von den Ministerrats-Foyers mehr einem Wetterbericht als einem Politik-Report. Bereits beim zweiten Ministerrat nach der Sommerpause, am 30. August, vermeldete die Austria Presse Agentur "unterkühltes Klima". Der Vizekanzler hatte sich über die Drohung des Wiener Bürgermeisters geärgert, das Volk für Vermögenssteuern aufbegehren zu lassen. Eine Woche später, am 6. September, passte die Großwetterlage wieder. "Die Regierung arbeitet", sagte der Kanzler, und der Streit über Vermögenssteuern wurde in eine Expertengruppe verramscht. Beschlossen hat die Regierung die Entsendung von 160 Soldaten in den Libanon. Eh auch wichtig. Am 13. September verkündete der Kanzler nach dem Ministerrat, dass eine Stromkennzeichnungsverordnung vorgezogen wurde. Eh gut. Am 20. September musste die Regierungssitzung leider entfallen, weil Kanzler und Vizekanzler zur UNO nach New York flogen. Tägliche Berichte über Klimaverschiebungen erreichten uns aus dem UN-Hauptquartier (Schreiduell. Kein Schreiduell, nur eine Verstimmung, aber eine kleine.) 27. September, nächster Ministerrat. Der Klimareport vermerkt "Sachlichkeit". Der Kanzler verkündet Investitionen in Kindergärten bis zum Jahr 2014 und ein Treffen mit den Landeshauptleuten am 21. Oktober 2011. Da wird man über die Transparenzdatenbank reden, die Josef Pröll eh erst vor Jahren angekündigt hat. 4. Oktober, Ministerrat. Die Regierung beschließt ein "interreligiöses Dialogzentrum". Das Lobbyistengesetz scheitert zum wiederholten Mal an Einwänden der SPÖ. Gesundheits- und Landwirtschaftsminister balgen sich darum, ob Zuchtsauen nach dem Werfen ein "Saukorb" zumutbar ist oder nicht. Auch die Landtage scheinen nicht überbeschäftigt. Im Tiroler Landtag verhandeln sechs Parteien über einen Beschluss, das norwegische Volk für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen, weil es nach dem grausigen Attentat so vorbildlich reagiert hat. "Wenn es noch eines Beweises bedurft hat, dass die Landtage überflüssig sind, dann liefern ihn die Tiroler", ätzt ÖVP-Nationalratsmandatar Ferry Maier.

Mehr Asylwerber

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner reist am Donnerstag nach Budapest zu einem Treffen mit ihren ungarischen und serbischen Amtskollegen. Thema: steigende Asylwerberzahlen wegen der "undichten griechischen Grenze". Mikl-Leitner kündigt einen gemeinsamen Grenzeinsatz an der ungarisch-serbischen EU-Außengrenze an. Österreich und Ungarn werden auch gemeinsam in der EU auf das Problem aufmerksam machen. Von Jänner bis September 2011 sind die Asylanträge zum Vergleichszeitraum des Vorjahres um 27 % auf 10.371 gestiegen.

Kommentare