Politik von innen: ÖVP will "Feuerwehrkomitee", das BZÖ Veto

Politik von innen: ÖVP will "Feuerwehrkomitee", das BZÖ Veto
Österreich hat EU-weit eine der strengsten Mitspracheregeln für das heimische Parlament.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Der Hauptausschuss des Nationalrats darf unsere Regierungsmitglieder bei ihrem Stimmverhalten in EU-Räten an Vorgaben binden. Freitag um 8.30 Früh findet ein solcher EU-Hauptausschuss statt. Er ist der Auftakt zum EU-Krisenmarathon an diesem Wochenende. Im Hauptausschuss werden Außenminister Michael Spindelegger und Kanzler Werner Faymann über die Themen berichten, die am Freitag, Samstag und Sonntag von den Finanzministern, Außenministern und Regierungschefs in Brüssel beraten werden. Dazu gehört Brisantes wie die Aufstockung des Rettungsschirms EFSF von 440 auf mindestens 1000 Milliarden; ein Schuldenschnitt für Griechenland und ein großes Bankenrettungspaket inklusive strenger Eigenkapitalvorschriften (9 %). Die heimischen Abgeordneten stecken den Rahmen ab, in dem sich Maria Fekter , Spindelegger und Faymann in Brüssel bewegen dürfen. Wegen der Brisanz der Themen schlug die ÖVP der SPÖ vor, eine Gepflogenheit von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel wieder zu beleben. Ein Feuerwehrkomitee, bestehend aus je einem Vertreter der Parlamentsfraktionen, solle das ganze Wochenende "in Bereitschaft" sein. Kanzler Faymann solle die Abgeordneten laufend aus den Rats-Sitzungen über den Stand der Verhandlungen informieren und checken, ob er für die EU-Maßnahmen im Nationalrat eine Mehrheit fände. Unter Schüssel war das so üblich, bestätigten gestern die Grünen auf KURIER-Nachfrage. Der neue EU-Sprecher der ÖVP, Reinhold Lopatka: "Wir haben der SPÖ ein Feuerwehr-Komitee vorgeschlagen. Das wäre auch insofern sinnvoll, als für viele Dinge eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, über die die Regierung nicht verfügt." Aber die SPÖ hat abgelehnt, berichtet Lopatka. Außerdem hat die ÖVP der SPÖ eine Sondersitzung des Nationalrats in der nächsten Woche vorgeschlagen, um das gesamte Parlament - und die Öffentlichkeit - über die Gipfelergebnisse zu informieren. Lopatka: "Auch das hat die SPÖ abgelehnt."

Trotz des zweifachen Njet der SPÖ - einer Parlamentsdebatte entgeht sie nicht. Die Sondersitzung findet nun eben nächste Woche auf Antrag des BZÖ statt. Und am Donnerstag musste sich Faymann einer Dringlichen Anfrage der Orangen stellen. Anlass war ein KURIER-Bericht, wonach SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer ein Aufstocken des EFSF ablehne, insbesondere, wenn dieser "Hebel" dem Nationalrat nicht zur Billigung vorgelegt werde. Weiters plädierte Krainer für einen neuen EU-Vertrag mit Direktwahl der EU-Politiker, falls die EU ein Durchgriffsrecht auf die nationale Budgetgestaltung wolle. Über einen solchen neuen EU-Vertrag müsse es eine Volksabstimmung geben. BZÖ-Chef Josef Bucher konfrontierte Faymann im Parlament mit den Aussagen Krainers: Ob der SPÖ-Chef auch für eine Volksabstimmung sei? Ob er eine EFSF-Aufstockung auch ablehne? Ob eine künftige Bankenhilfe in Österreich nur mehr gegen Stimmrechte, also gegen Verstaatlichung, erfolgen werde? Bucher beantragte - und wird das auch am Freitag im Hauptausschuss tun - dass der Kanzler gegen weitere finanzielle Belastungen Österreichs beim EU-Gipfel sein Veto einlegen müsse. Peinlichkeit der Grünen: Mittwochnacht wurde im Nationalrat die verstärkte Mitsprache des Parlaments bei EU-Materien laut dem Lissabon-Vertrag beschlossen. Das Gesetz bekam um zwei Uhr früh nur knapp die erforderliche Zweidrittelmehrheit, weil die Grünen längst nach Hause gegangen waren. Dabei waren sie selbst schuld, dass es so spät wurde, denn sie hatten die Sitzung zuvor mit einer "Dringlichen" verzögert.

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