Politik von innen: ÖVP misstraut Bures' Zahlen
Sparen ja - aber wo? Angesichts der Schuldenbremse flammt zwischen den Regierungsfraktionen ein alter Konflikt wieder neu auf: Wie teuer dürfen die Bahntunnel Koralm, Semmering und Brenner sein? Und brauchen wir sie überhaupt alle? Bei der Frage, ob man Bahntunnel baut, geht es in erster Linie um den Brenner. Der Koralm-Tunnel ist inklusive Zufahrts-Trassen schon sehr weit gebaut, und ohne Semmering Tunnel macht der Koralm-Tunnel wenig Sinn. Insgesamt geht es bei den Tunnelbauten auch um die Ausführung: Leistet man sich Luxus oder nur das Notwendigste? Verkehrsministerin Doris Bures betonte am Montag, dass sie trotz Schuldenbremse an allen Tunnelprojekten festhalte. Die Projekte seien mit der ÖVP beschlossen, und nun müsse sich die ÖVP auch zu den Ausbaukosten bekennen. Bures: "Wer A sagt, muss auch B sagen." Bures verhandelt derzeit mit der ÖVP über ein Gesetz, das sie ermächtigt, Bahnprojekte abzuschließen, die den Staatshaushalt bis 2073 (das Jahr, in dem die letzte Rate für den Brenner-Tunnel fällig ist) mit 65 Milliarden Euro belasten. "Das dient der Kostentransparenz", sagt das Bures-Ressort. Die ÖVP ist im Besitz eines Expertenpapiers, laut dem die Kosten rund drei Mal so hoch seien, als vom Bures-Ressort errechnet. Laut dem Experten-Papier beschränke sich Bures auf die Errichtungskosten. Es müssten aber Annuitätenzahlungen und Zuschüsse des Bundes für Betrieb und Instandhaltung miteingerechnet werden. "Auf Basis eines niedrigen Zinssatzes von 1,5 Prozent betragen die Mindestkosten 167,5 Milliarden Euro. Leider werden die Zinsen vermutlich höher als 1,5 Prozent sein, dann steigen die Kosten auf 200 Milliarden", sagt ÖVP-Abgeordneter Ferry Maier. Maiers Aufforderung an Bures: "Wenn man von Schuldenbremse spricht, muss man emotionslos und ideologiefrei hinterfragen, ob man sich jede Investition noch leisten kann." In Richtung ÖVP-Tirol meint Maier: "Man wird auch über einige heilige Kühe, die regional weiden, diskutieren müssen."
Ratlos in Wien
In der ÖVP herrscht blanke Ratlosigkeit über die Wiener Landesgruppe. Diese dümpelt in Umfragen unter zehn Prozent herum, und weit und breit ist kein Retter in Sicht. Jetzt rächt sich, dass der sogenannte "Erneuerungsprozess" für die Wiener ÖVP falsch aufgesetzt wurde. Die Stadtpartei hat genau einen Posten, den sie außerhalb von Wahlzeiten vergeben kann: den des nicht amtsführenden Stadtrats. Und diesen Posten hat sie zu Beginn des "Erneuerungsprozesses" an einen Alt-Funktionär vergeben. Wenn jetzt ein Neuer kommt, und sei es ein Super-Wunderwuzzi, gibt es für ihn keinen freien Platz. Wie aber soll ein Wiener ÖVP-Chef Kommunalpolitik und Opposition zu Rot-Grün machen, wenn er in Wien keine Funktion hat? Auch eine zweite Tür ist zu, nämlich die, einen Promi aus der Bundesregierung als Zugpferd vor die Wiener ÖVP zu spannen. Seit dem Wechsel von Josef Pröll zu Michael Spindelegger gibt es nämlich keine Wiener mehr in der ÖVP-Regierungsriege. Ausnahme: Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz, der aber intelligent genug ist, sich nicht verheizen zu lassen. Jetzt kursieren in der Bundespartei Personal-Varianten für Wien, die man nur als Ausdruck der Verzweiflung werten kann: Man überlegt, die Oberösterreicher Maria Fekter oder Reinhold Mitterlehner zu Wienern zu erklären und ihnen die marode Stadtpartei umzuhängen. Oder Andreas Khol aus der Seniorenbund-Gleitpension zurückzuholen ...
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