Politik von innen: Kleineres Parlament: Skepsis und Ablehnung
Trotz ihrer Skepsis will sich Prammer "bemühen, das Beste daraus zu machen", weil man "den Vorschlag der Regierung nicht einfach ad acta legen" könne.
Der Mangel an Begeisterung über die Reduktion der Abgeordnetenzahl zieht sich quer durch die Parlamentsklubs und die Fachwelt. "Das war einer der am wenigsten intelligenten Vorschläge der Bundesregierung", sagt etwa der Verfassungsrechtler Theo Öhlinger. Öhlinger hält es für stillos, dass die Regierung dem Parlament die Anzahl der Abgeordneten vorschreibt: "Das ist beispiellos in der Geschichte."
Das inhaltliche Hauptargument von Prammer und Öhlinger gegen eine bloße Verkleinerung des Nationalrats: Den Bürgern wäre mehr gedient, wenn sie bei der Auswahl der Abgeordneten mehr mitreden könnten – sprich, wenn es ein verstärktes Persönlichkeitswahlrecht gäbe. Öhlinger plädiert dafür, die Anzahl der Wahlkreise von derzeit 43 auf 100 zu erhöhen. Dort sollen Abgeordnete direkt gewählt werden, "um ihre Abhängigkeit von den Parteisekretariaten zu verringern".
Prammer hat am Dienstag eine Sonderpräsidiale einberufen, um eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die über ein neues Wahlrecht reden soll.
Geschäftsordnung des Nationalrats
Auch die Geschäftsordnung des Nationalrats wird geändert werden müssen, meint Prammer, weil die kleinen Klubs bei noch weniger Abgeordneten die Arbeit in den mehr als 40 Ausschüssen nicht bewältigen könnten. Womit indirekt für die Verkleinerung des Nationalrats eine Zweidrittelmehrheit, sprich, zumindest eine Oppositionspartei nötig ist. Die Geschäftsordnung ist eine Zweidrittelmaterie, das Wahlrecht, in dem auch die Abgeordnetenzahl verankert ist, braucht nur die einfache Mehrheit von SPÖ und ÖVP. Theoretisch. In der Praxis, so Öhlinger, wurde das Wahlrecht stets in breitem Konsens geändert. Prammers Ziel ist, dass die nächste Wahl schon nach neuen Spielregeln durchgeführt wird. "Wir müssen zügig arbeiten."
Bereits gestorben ist nach derzeitigem Stand die Regierungsidee, den Bundesrat zu verkleinern. FPÖ und Grüne wollen ihn entweder aufwerten oder abschaffen, das BZÖ nur abschaffen. Verkleinern will ihn keine Oppositionspartei. Damit ist das Vorhaben mangels Zweidrittelmehrheit undurchführbar.
Fiskalpakt
Auch auf EU-Ebene würgt das Parlament an Regierungsvorgaben. Der von den Regierungschefs beschlossene Fiskalpakt – die europaweite Schuldenbremse – findet derzeit ohne EU-Parlament statt. Jetzt glaubt das EU-Parlament eine Krücke gefunden zu haben, doch noch zu seinen Kontrollrechten zu kommen. Die Europäische Zentralbank hat vorgeschlagen, dass der europäische Rechnungshof ERH halbjährlich Berichte über die Budgetkonsolidierung in den EU-Staaten vorlegen soll. Österreichs Vertreter im ERH, Harald Wögerbauer, begrüßte die Idee gestern anlässlich eines Vortrags in Niederösterreich. Wie in Österreich ist der Rechnungshof auch in der EU ein Instrument des Parlaments. Mit den ERH-Berichten hätten die EU-Parlamentarier Einsichtsrechte in die Budgetpolitik der Nationalstaaten.
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