Politik von innen: Kanzler-Machtwort lässt ÖVP kalt

Politik von innen: Kanzler-Machtwort lässt ÖVP kalt
Dem Vernehmen nach soll die SPÖ mit Neuwahlen gedroht haben, sollte die ÖVP das Koalitionsabkommen brechen.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Am Montag spätnachmittags trafen einander Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger. Es handelte sich dabei weder um einen "Gipfel" noch um ein "Krisentreffen", sagt Faymann-Sprecher Nedjelko Bilalic zum KURIER. "Es ist ein routinemäßiges Treffen vor dem Ministerrat." Eine spezielle Themenliste gebe es seitens des Kanzlers nicht. Spindeleggers Sprecher Thomas Schmid bestätigt den Routinefall, allerdings wolle der Vizekanzler bestimmte Themen aufs Tapet bringen: Eine Schuldenbremse, die Anhebung des Frühpensionsalters, eine Kostendämpfung bei den ÖBB. Mit verstärkten Sparanstrengungen soll das Triple-A-Rating für Österreich abgesichert werden. Ob das Treffen der Regierungsspitzen atmosphärisch eine Entspannung in der Koalition bringen kann? Am Montag sah es nicht danach aus. Am Wochenende hatte der Kanzler ein "Machtwort" angekündigt. Doch dieses lässt die ÖVP im aktuellen Störfall Nr. 1 kalt. Der ÖVP-Klub bleibt bei seiner Linie: Im angekündigten Untersuchungsausschuss muss "alles auf den Tisch", auch die Inseraten-Affäre des Kanzlers. Die SPÖ macht massiv Druck, Werner Faymann den Auftritt vor dem U-Ausschuss zu ersparen. Dem Vernehmen nach soll die SPÖ mit Neuwahlen gedroht haben, sollte die ÖVP das Koalitionsabkommen brechen, indem sie die SPÖ im Parlament überstimmt und gemeinsam mit der Opposition den U-Ausschuss einsetzt.

Die ÖVP zeigt sich bisher wenig beeindruckt. Es würde bei der Bevölkerung nicht gut ankommen, wenn die SPÖ Neuwahlen vom Zaun bricht, nur weil sie keinen Untersuchungsausschuss will, heißt es in der ÖVP. Der stellvertretende Klubobmann Peter Haubner sagt zum KURIER: "Die Politik hat ein Vertrauensdefizit bei der Bevölkerung. Wir müssen wieder Vertrauen zurückgewinnen. Und das geht nur, wenn wir in die Offensive gehen und alles untersuchen. Die ÖBB-Inserate sind ein wesentlicher Punkt, wir dürfen nichts verstecken." Ähnlich argumentiert ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll: "Für mich stellt sich die Frage: Wie können wir das Vertrauen der Bürger in die Politik wieder gewinnen? Indem man alles auf den Tisch legt oder nur einzelne Teile?" Regierungskoordinatorin Maria Fekter meint, Faymann habe "großen Erklärungsbedarf", vor allem über den Umstand, dass man "in die Kassen dieser Unternehmen so direkt hineingreift" (gemeint: ÖBB und Asfinag). ÖVP-Vizeklubchef Fritz Grillitsch sagt es kurz und bündig: "Sofort einen U-Ausschuss einsetzen und alles, von der Buwog bis zu den ÖBB-Inseraten restlos aufklären." FPÖ, BZÖ und Grüne haben sich bereits auf eine Themenliste geeinigt: BUWOG, Vergabe von Staatsbürgerschaften, Telekom, Blaulicht, Glücksspiel - und Vergabe öffentlicher Inserate. Die Verhandlungen im Parlament über den U-Ausschuss laufen auf Hochtouren, derzeit zwischen SPÖ und ÖVP, ab Donnerstag und Freitag mit der Opposition. Am Freitag ist eine Sondersitzung des Parlaments, in der der Euro-Rettungsschirm ESFS beschlossen wird.

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