Politik von innen: Großes Interesse an EU

Politik von innen: Großes Interesse an EU
Es gibt offenbar wirklich kaum etwas Schlechtes, das nicht auch hat sein Gutes: Die Euro-Krise hat Rieseninteresse an Europa geweckt.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Wie gehen eigentlich die Jugendlichen, die mitten im System stecken, mit dem Bildungsvolksbegehren um? Für viele könnte das am Donnerstag startende Volksbegehren der erste "Wahlakt" ihres Lebens sein: Wer spätestens am 10. November 2011 seinen 16. Geburtstag feiert, darf das Volksbegehren unterschreiben. Also: Das Thema passt, die Teilnahmemöglichkeit gibt es - und dennoch scheint sich das Interesse der Kids in Grenzen zu halten. Die Organisatoren des Volksbegehrens werben zwar auch auf Facebook und Twitter, aber der Response ist bescheiden. Die Postings auf Facebook stammen zum überwiegenden Teil von Erwachsenen, nicht von Schülern. Dieser Befund deckt sich auch mit den Erfahrungen im Callcenter der Volksbegehrens-Organisatoren: Die interessierteste Gruppe sind die Eltern, dann folgen die Großeltern. Allerdings ist die Intensivwerbung für das Volksbegehren gerade erst angelaufen. Seit voriger Woche wirbt der Kabarettist Roland Düringer in TV-Spots im Privatfernsehen. Seit Freitag hängen österreichweit Acht- und Sechzehn-Bogen-Plakate. Zeitungsinserate gibt es laufend, seit voriger Woche auch Kinowerbung. Zusätzlich werden Folder, Lesezeichen, Poster und kleine Aufkleber verteilt. Das Ergebnis des Volksbegehrens wird es am Donnerstag, den 10. November gegen 22 Uhr geben, denn in Wien haben die Eintragungslokale am letzten Tag bis 20 Uhr offen. Es gibt offenbar wirklich kaum etwas Schlechtes, das nicht auch hat sein Gutes: Die Euro-Krise hat Rieseninteresse an Europa geweckt. 85 Prozent der Österreicher haben die Berichterstattung über den letzten EU-Gipfel verfolgt, mehr als die Hälfte sogar "sehr intensiv". Das ergibt eine Umfrage von Oekonsult unter 1000 Österreichern. Nur 2 % wissen nichts von der Euro-Rettung. Nach dem Gipfel zeigen sich 87 % der Befragten erleichtert, gleichzeitig meinen 91 %, mit den Gipfelbeschlüssen seien die Finanzprobleme nicht gelöst. Zwiespältig sind die Aussagen zum Schuldenschnitt für Griechenland: Zwar lehnen ihn satte 95 % ab, gleichzeitig sagen aber 53 %, der Schuldenerlass sei "das geringste Übel". Trotz EU-Skepsis sind 77 % der Befragten der Meinung, ohne den Zusammenhalt des großen europäischen Wirtschaftsraums hätten Währungsspekulanten gegen einzelne Euroländer viel leichteres Spiel. Übrigens: Laut Oekonsult sind drei Viertel der Österreicher wütend über die ungerechte Verteilung von Wohlstand und Vermögen.

Neuer Tunnelstreit

Fängt jetzt der Streit über Brenner-, Semmering- und Koralm-Tunnel wieder von vorne an? Diese Befürchtung lässt der jüngste Disput zwischen SPÖ und ÖVP über die Kosten von Bahninfrastruktur aufkommen. Verkehrsministerin Doris Bures will sich per Gesetz ermächtigen lassen, Verträge über den Ausbau der Bahninfrastruktur abzuschließen, die den Staat bis zum Jahr 2073 65,3 Milliarden kosten. Die ÖVP reagiert empört, bezweifelt die Zahlen aus dem Bures-Ressort und ruft nach einer Schuldenbremse. Die ÖVP brauche nicht "überrascht" zu sein, kontert nun der Generalsekretär des Verkehrsministeriums, Herbert Kasser. Bei den 65 Milliarden handle es sich weder um neue Projekte noch um neue Schulden. Die 65 Milliarden seien lediglich die "gesamthafte Darstellung" der Kosten jener Bahninvestitionen, die die Regierung gemeinsam beschlossen habe. Kasser an die Adresse der ÖVP: "Wenn man von dem abrückt, muss man über die geplanten Projekte an sich neu in Verhandlung treten." Sprich: ohne Geld kein Tunnel.

Kommentare