ÖVP-Wettlauf um die Wirtschaftskompetenz

Daniela Kittner
Die Umfragedaten sind historisch schlecht, Frank Stronach verschärft die Situation. Kommt eine Rochade im Finanzministerium?
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Sonntagabend im Palais Coburg. EU-Wettbewerbskommissar Michel Barnier traf sich zum Abendessen mit Vizekanzler Michael Spindelegger und Finanzministerin Maria Fekter . Auf dem Speisezettel des Trios standen Details der künftigen Bankenunion, der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht. Am Rande des Treffens fragte der ORF Spindelegger, was dieser von Fekters Steuerreformplänen halte. Der ÖVP-Chef bremste seine Finanzministerin prompt ein: Eine Senkung der Lohnsteuer sei vor der Wahl "nicht realistisch", Österreich könne sich das nicht leisten. Fekter beharrte gestern gegenüber der Austria Presse Agentur, sie werde "weiter für eine Steuersenkung vor der Wahl kämpfen".

Dahinter steckt ein ÖVP-interner Kampf um die Wirtschaftskompetenz, der wiederum eine Folge schlechter Umfragedaten ist. Die ÖVP liegt deutlich unter ihrem historisch schlechten Wahlergebnis von 2008, damals erreichte sie 26 Prozent, Umfragen weisen sie derzeit zwischen 20 und 23 Prozent aus. Verschärft wird die Situation durch Frank Stronach, denn die Unternehmerpersönlichkeit kann das Klientel der Selbstständigen durchaus ansprechen.

Die ÖVP-interne Schwachstellen-Analyse lautet wie folgt: Schuld seien die Skandale und der U-Ausschuss, aber auch Fekter, weil sie es nicht schaffe, aus der wirtschaftspolitisch zentralen Position im Finanzministerium mehr für die ÖVP zu machen.

Raidl als Finanzminister

Ein Ausdruck dieser Unzufriedenheit ist, dass mit regelmäßiger Wiederkehr Nationalbankpräsident Claus Raidl als Finanzminister ins Spiel gebracht wurde. Ein weiterer Ausdruck dieser Unzufriedenheit war das ÖVP-interne Sommer-Theater, als Spindeleggers Pläne bekannt wurden, selbst ins Finanzressort zu wechseln und Fekter zur Klubobfrau downzugraden. Diese Rochade wurde vom Wirtschaftsbund durchkreuzt. Fekter setzte damals auf die parteiinterne Niederlage des ÖVP-Chefs insofern noch eins drauf, als sie über Boulevardmedien trotzig ausrichtete, sie wolle auch nach der Wahl Finanzministerin bleiben, weil: "Ich kann’s."

Spindelegger selbst bemüht sich indessen um den flankierenden Aufbau von Wirtschaftskompetenz. Im Rahmen der Aktion "Österreich 2025" scharte er Spitzenmanager von Siemens-Chef Peter Löscher abwärts um sich, um Reformvorschläge einzusammeln.

Seit Wochen wird hinter den Kulissen eine große "Wirtschaftsrede" des ÖVP-Chefs vorbereitet, für die die Reform-Rede des damaligen ÖVP-Chefs und Finanzministers Josef Pröll als Vorbild dient. Morgen, Mittwoch, ist es so weit – da hat Spindelegger seinen großen Wirtschafts-Auftritt.

Da passte es Spindelegger so gar nicht ins Konzept, dass sich Fekter am Sonntag davor vom KURIER Details ihrer Steuerpläne entlocken ließ.

Doch diesmal geht der Punkt an Fekter. Spindeleggers Botschaft – "keine Steuersenkung!" – passt erfahrungsgemäß nicht zu einer Wirtschaftspartei: Damit ist schon Wilhelm Molterer baden gegangen.

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