ÖVP in den Fängen der Lehrergewerkschaft

Falls die ÖVP vor Neugebauer einknickt, macht die SPÖ die Schule zum Wahlkampfthema.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Müssen wir auf ein neues Lehrerdienstrecht warten, bis Neugebauer in Pension geht?

von Dr. Daniela Kittner

über die ÖVP in der Zwickmühle

Es ist der Schlüssel zu den anstehenden Schulreformen: das neue Lehrerdienstrecht, das die Pädagogen zu längerer Anwesenheit in den Schulen verpflichten soll. Die Zeit drängt besonders, da in den kommenden Jahren 50 Prozent der Lehrer in Pension gehen. Mit jedem Jahr, das ohne neues Dienstrecht verstreicht, werden junge Pädagogen im alten Dienstrecht angestellt – und damit die derzeitigen, unhaltbaren Zustände in den Schulen zementiert – ganz nach dem Geschmack der Betonfraktion in der Lehrergewerkschaft.

Tatsächlich ist aus der ÖVP zu hören, dass genau das passieren könnte: ein weiteres, verlorenes Jahr für Bildungsreformen. In der ÖVP heißt es, Beamtenboss Fritz Neugebauer wolle vor dem Sommer 2013 kein neues Lehrerdienstrecht abschließen. Einen neuen Anlauf könne man erst in der nächsten Legislaturperiode unternehmen, wenn Neugebauer in Pension ist. Der KURIER erreichte Neugebauer gestern in Albanien, wo er als Zweiter Nationalratspräsident den Feiern zu hundert Jahre Unabhängigkeit Albaniens beiwohnte. Neugebauer dementiert, dass er das Lehrerdienstrecht verzögern wolle. Im Gegenteil, er mische sich gar nicht ein, die Verhandlungen würde die Lehrergewerkschaft autonom führen. Die Gewerkschaft wolle einen Abschluss, an Verzögerungen sei die Regierung schuld.

Die ÖVP ist in der Frage, ob sie vor der Wahl noch auf einen Krach mit den Lehrern riskieren soll, gespalten: Der Wirtschaftsflügel drängt ungeduldig auf Schulreformen. Andere Teile der Partei fürchten jedoch den Zorn der Lehrer bei der Nationalratswahl. Es gibt 125.000 Lehrer, bei einer Wahlbeteiligung von 80 Prozent entspricht dies fünf Parlamentssitzen.

Die Mehrheiten in der Gesamtbevölkerung sind jedoch andere: Drei Viertel der Menschen sind für Ganztagsschulen. Und das Mitleid mit den Lehrern, weil diese künftig 24 statt 20 Stunden pro Woche in der Schule sein sollen, tendiert gegen null. Sollte bei den Schulreformen nichts weitergehen, wird die SPÖ daraus einen Wahlkampf-Schlager machen – das hat schon einmal funktioniert.

Die ÖVP hat 2006 nicht zuletzt wegen des Reformstaus unter Elisabeth Gehrer die Nationalratswahl verloren.

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