Ökonom Felderer im Widerstreit mit Regierung

Daniela Kittner
Finanzministerin Fekter traf am Montag in Brüssel mit ihren Eurogruppen-Kollegen zusammen, um die Beschlüsse des EU-Gipfels vom 28. Juni zu besprechen.
Daniela Kittner

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Die Gipfel-Beschlüsse waren mit Mitwirkung von Kanzler Werner Faymann und in enger Abstimmung mit Vizekanzler Michael Spindelegger und der Finanzministerin getroffen worden.

Einer der wichtigsten Ökonomen des Landes, der Chef des Staatsschulden-Ausschusses Bernhard Felderer, sieht die Gipfel-Beschlüsse jedoch sehr kritisch. Felderer dementiert zwar Berichte, wonach er jenen Offenen Brief von 160 deutschsprachigen Ökonomen, der Kanzlerin Angela Merkel kritisiert, unterschrieben hätte, teilt aber manche Kritikpunkte seiner deutschen Kollegen. So sieht Felderer die Absicht, dass der Rettungsschirm ESM künftig direkt an Banken Hilfsgelder ausschütten kann, ohne dass dadurch die Staatsschulden für das betreffende Land steigen, sehr skeptisch. Felderer: "Die Direkthilfe an die Banken kann man infrage stellen." Seine Befürchtungen lauten, dass eine in Eile errichtete europäische Bankenaufsicht nicht streng genug prüfen könne, und dass es zu wenig Anreiz für die Banken gebe, ihre Bilanzen in Ordnung zu bringen.

Skeptisch sieht Felderer auch die Anti-Spread-Maßnahmen – also, dass der ESM Staatsanleihen kaufen kann, um den Zinsdruck von einzelnen Ländern (Italien) zu nehmen. Felderer: "Ich verstehe nicht, warum die EZB, die das ja schon bisher gemacht hat, um Spekulationswellen abzufangen, das nicht auch weiterhin tut. Wenn man nun die Staatsanleihen-Käufe im ESM institutionalisiert, läuft es auf eine Vergemeinschaftung von Schulden hinaus. Schulden vergemeinschaften kann aber das mangelnde Vertrauen der Finanzmärkte in einzelne Länder nicht dkompensieren. Das Vertrauen muss jedes Land für sich durch Reformen zurückgewinnen." Felderer verweist auf das "positive Beispiel Irland", dem es nach zwei Jahren unter dem Rettungsschirm nun wieder glückt, auf den Finanzmarkt zurückzukehren.

Felderer betont, dass er "nicht grundsätzlich gegen Rettungsschirme" sei, nur als "temporäre Maßnahme".

Der deutsche Bestseller-Autor und Ökonom Thilo Sarrazin hat vergangene Woche die Europa-Debatte im Nationalrat verfolgt. Er war auf Einladung und Kosten des parteiunabhängigen Hayek-Instituts und des Internetblogs von Andreas Unterberger nach Wien gekommen. Manche Medien hatten berichtet, Sarrazin sei auf BZÖ-Einladung in Wien gewesen. Eine "üble Trittbrettfahrerei und einen Akt der Hochstapelei" erblicken darin Hayek-Präsidentin Barbara Kolm und Unterberger.

Kolm wird ihrerseits regelmäßig von der FPÖ für Experten-Hearings im Parlament nominiert.

Ein neues Service für kleinere und mittlere Unternehmen hat das Finanzministerium fertig: ein Unternehmensportal, über das sich sämtliche Behördenwege – Steuererklärungen, Abgabenzahlungen, Förderansuchen und Genehmigungen usw. – von zu Hause aus erledigen lassen. Das Portal wird im August präsentiert.

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