Grasser wollte ORFeins und Ö3 "privatisieren"

Daniela Kittner
Gescheitert ist das Vorhaben des damaligen Finanzministers an Landeshauptleuten, die eine Filetierung des ORF ablehnten.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Um die Causa Grasser/ Hochegger/Meischberger/Plech in ihrer ganzen Dimension zu begreifen, lohnt es sich, eine der ersten Zeugenaussagen bei der Staatsanwaltschaft in Erinnerung zu rufen. Willi Berner, der Kabinettschef des ersten FPÖ-Infrastrukturministers nach der schwarz-blauen Wende,  Michael Schmid, erzählte  eine fast unglaubliche Geschichte: Peter Hochegger hatte sich im Frühsommer 2000 mit Berner in einem Wiener Nobelhotel getroffen und ihm einen Masterplan unterbreitet, wie ein Netzwerk rund um Grasser bei geplanten Privatisierungen persönlich mitschneiden könnte. Zu dem Netzwerk sollten Hochegger, Grasser, Jörg Haider, Walter Meischberger und Ernst Karl Plech zählen. Alle Beteiligten haben Berners Darstellung als unwahr zurückgewiesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Sollte Berners Darstellung jedoch stimmen, hieße dies, dass ein Netzwerk gezielt die Privatisierung von Staatseigentum betrieb, um dabei Beute zu machen. Unter dieser Prämisse erscheint eine Episode aus dem Jahr 2002 in einem besonderen Licht. Der damalige Finanzminister Grasser sprach den damaligen Finanz-Chef des ORF und jetzigen Generaldirektor Alexander Wrabetz auf einen Teil-Verkauf des ORF an. Laut Wrabetz wollte Grasser damals einen Fernsehkanal, nämlich ORFeins und das beliebte Radioprogramm Ö3 privatisieren. Gescheitert ist das Vorhaben  an Landeshauptleuten, die  eine Filetierung des ORF ablehnten.  Im Lichte der Buwog-Erkenntnisse kann man wohl davon ausgehen, dies wäre ein weiteres "super-sauberes" Geschäft geworden.

Apropos ORF. Die Regierungsspitzen haben kürzlich verkündet, sie wollen das ORF-Gesetz reformieren. Dazu haben sie eine Arbeitsgruppe angekündigt. Wie der KURIER erfuhr, sollen dieser Arbeitsgruppe angehören: der Chef des Schweizer Fernsehens, Roger de Weck, ORF-Journalist Peter Huemer, der ORF-Generalsekretär unter Gerd Bacher, Kurt Bergmann , der Vertreter des Kanzleramts in der Rundfunk und Telekom Regulierungsbehörde (RTR), Matthias Traimer, ORF-Redakteurssprecher Fritz Wendl und Michael Truppe von der KommAustria. Starjournalist Hugo Portisch ist zu einem Referat eingeladen. Außerdem sollen alle fünf Parlamentsparteien einen Vertreter in die Arbeitsgruppe entsenden. Ziel ist, anstatt des 35-köpfigen Stiftungsrats einen schlanken Aufsichtsrat mit zehn Mitgliedern plus fünf Betriebsräten zu schaffen. Insgesamt soll der parteipolitische Einfluss auf den ORF sinken. Die ORF-Reform soll noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden (sagt Michael Spindelegger) oder spätestens Teil des nächsten Koalitionsabkommens werden (sagt Werner Faymann ).

Der Ministerrat beschloss am Dienstag die Transparenzdatenbank. Genauer: Er ermächtigte die Regierungsvertreter Faymann, Spindelegger, Maria Fekter und Andreas Schieder, mit den Bundesländern einen 15a-Vertrag über die Transparenzdatenbank abzuschließen. Der Haussegen im Kanzleramt hing gestern wegen des Krachs um das Sauberkeitspaket derart schief, dass es sogar bei dem Routinevorgang zu Reibereien kam. Minister Rudolf Hundstorfer hatte in dem Ministerratsvortrag statt "Transparenzdatenbank" "Leistungsangebotsdatenbank" hineingeschrieben. Die ÖVP bestand darauf, dass ihr Baby nicht umgetauft würde. Es bleibt beim Namen "Transparenzdatenbank".

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