Die SPÖ in doppelter Bredouille

Daniela Kittner
Die Koalition war siegesgewiss: Erfolgreich hatte sie Gabriela Moser zur Buhfrau aufgebaut, um den Untersuchungsausschuss abdrehen zu können.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Mit vollem Geschäft rannte sie gegen die grüne Vorsitzführung an – doch plötzlich war Moser weg. Die Strategie brach zusammen. Für eingeweihte Journalisten war zwar schon seit Tagen absehbar, dass die Grünen der Regierung die bequeme Ausrede wegnehmen und Moser zu Beginn dieser Woche zurück ziehen würden – nur die Koalition bekam nichts davon mit. Sie verließ sich voll darauf, dass sich die Grünen Moser "nicht heraus schießen" lassen würden. Außerdem wurde in das Verhalten der Grünen etwas hinein geheimnist, was sich als falsch heraus stellte: Dass die Grünen– als Vorleistung für eine rot-grüne Koalition – den U-Ausschuss mit einer Eskalationsstrategie platzen lassen und Werner Faymann die peinliche Befragung ersparen würden.

Pech gehabt. Als die Grünen am Dienstag um 8.51 Uhr – listigerweise zwei Stunden vor Faymanns wöchentlichem Ministerrats-Auftritt – Mosers Rückzug bekannt gaben, war in der Regierung Feuer am Dach. Das Kanzleramt voll Journalisten – was sollte man denen jetzt bloß sagen? Schnell wurde die Losung ausgegeben: "Der U-Ausschuss ist nicht Sache der Regierung, sondern des Parlaments." Doch die ÖVP war nun nicht mehr zu halten. Verständlich: "Ihre" Affären sind im Ausschuss aufgearbeitet worden, sie hat monatelang brav die Watsch’n dafür eingesteckt. Wie soll sie ihren Funktionären erklären, dass man dasselbe der SPÖ erspart? Und noch einmal Watsch’n – diesmal für die Beihilfe zum Vertuschen – kassiert?

Die SPÖ reagierte am Dienstag stinksauer. Sie ist nun als einzige Partei übrig geblieben, die den Ausschuss abdrehen will. Allerdings soll Faymann anfangs bereit gewesen sein, vor dem Ausschuss auszusagen. Parteifreunde hätten ihm aber abgeraten mit dem Argument: Die kleinste Unschärfe seiner Aussage würde von politischen Gegnern benutzt werden, Faymann wegen Falschaussage anzuzeigen. Ein solches Verfahren würde wieder Monate dauern.

Die Inseraten-Affäre ist nicht der einzige Grund für die Nervosität der SPÖ. Zwölf Monate vor der Nationalratswahl und am Beginn eines Wahlreigens in den Bundesländern entwickelt sich auch ihr vermeintlicher Wahlschlager, die Abschaffung der Wehrpflicht, zum Bumerang. Die SPÖ bringt einfach keine Kampfstimmung für ein Berufsheer zustande. Die roten Senioren sind aus historischen Gründen gegen eine Berufsarmee, aber auch die Jungen konterkarieren die Parteioberen. Während Norbert Darabos agitiert, den Jungen würden sechs Monate "gestohlen", wettern die Jung-Sozis gegen die Abschaffung der Wehrpflicht: Ein Berufsheer sei eine "untragbare Militarisierung durch die Hintertür", eine Berufsarmee sei eine "demokratiepolitische Gefahr". Auch auf die Angstmache der ÖVP, ohne Zivildiener würde die Rettung die Oma nicht mehr abholen kommen, ist der SPÖ noch keine gleichwertig-emotionale Antwort eingefallen. Mit einem Wort: Die SPÖ muss bei der Volksbefragung am 20. Jänner einen Bauchfleck befürchten.

Der Ausweg Neuwahlen – so sie ihn andenkt – ist der SPÖ übrigens versperrt: Ein U-Ausschuss läuft ganz normal weiter bis zur Angelobung des neuen Nationalrats. Bei Neuwahlen hätte die SPÖ die Inseraten-Affäre mitten im Wahlkampf, sofern nicht die Parlamentsmehrheit die Tagungen sistiert. Aber dazu bräuchte die SPÖ wiederum die ÖVP. . .

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