Unter einem guten Zimtstern

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Bitte keine Experimente im Advent-Procedere. Ab sofort gilt der Satz, den im Rest des Jahres keiner hören will: „Das haben wir immer schon so gemacht.“ Denn jetzt ist Ritualzeit, und „Rituale machen Kinder stark“, heißt es. Also wird Omas Zimtsternrezept nicht mit Ingwer aufgepeppt, also wird die Reihenfolge der Weihnachtslieder unterm Baum nicht mutwillig durcheinandergebracht.

Einmal im Jahr ist alles beim Alten. Das gebe Kindern Halt, während sich die Welt um sie herum rapide verändert, sagen Experten. Stimmt. Aber irgendwann verändern sich die Kinder. Sie pubertieren, und der Advent steht dann unter keinem guten Zimtstern mehr:


Weihnachtslieder sind plötzlich „ultrapeinlich“, Kekse „machen nur dick“, den Adventkranz „gibt’s als App – die nadelt nicht“ ... Eltern, die an diesem Punkt auf Einhaltung der Rituale pochen, züchten oft lebenslange Weihnachtsparanoiker, die – spätpubertierend – alle Jahre wieder brummen: „Und nächste Weihnachten flieg ich weg.“ Eltern, die cool bleiben, und sagen: „Dann lassen wir’s heuer“, dürfen hingegen mit heftigem Protest rechnen: „Aber einen Christbaum kriegen wir schon?“

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