Tatortologie

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Ist die 1000. „Tatort“-Folge, die Sonntagabend auf dem Programm stand, wirklich die 1000., oder doch die 1013., weil man nämlich 13 Folgen, die in den Achtzigerjahren nur in Österreich liefen, mitzählen muss? Die Entschlossenheit, mit der Tatortologen diese Frage diskutieren, zeigt: Der „Tatort“ ist eine ernste Sache.

Der Mensch braucht Rituale, und der „Tatort“ ist DAS Ritual der Generation Laktoseintoleranz/Bulgursalat/Tantra-Töpfern. Zwar hat man die Eltern belächelt, die am Sonntag in die Kirche und/oder ins Philharmonische gingen, aber man hat von ihnen gelernt, dass die Woche Struktur braucht, und dazu gehört ein ritualisierter Wochenabschluss.

Das funktioniert übrigens auch in der Umkehrung. Auch die, welche die „Tatort“-Krimis wegen ihrer Weltvergrauung und ihrer gastritisfarbenen Sozialbetroffenheit mühsam finden, haben ein sonntägliches Ritual: die „Tatort“-Ablehnung.

Dank der sozialen Netzwerke gibt es jetzt auch ein neues ganz Phänomen: Man kann „Tatort“-Fan sein und ausgedehnt über ihn diskutieren, ohne ihn je zu sehen.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 18. November, am 20. Dezember und am 20. Jänner im Theater am Alsergrund zu sehen sowie am 11. Jänner beim Satirefestival Schwechat .

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