Tod auf Raten
Es ist eine Schande, dass man sich, mutmaßlich aus Kleingeistigkeit, nicht auf ein Zukunftsmodell geeinigt hat.
Es ist von einer tragischen Entwicklung zu berichten: Der Hans-Gabor-Belvedere-Gesangswettbewerb, der 30 Jahre lang von und in der Wiener Kammeroper veranstaltet wurde, wird zum Wanderpokal. Im Jahr 2013 wird das Finale in Amsterdam stattfinden, danach geht es in Deutschland und England weiter. In einer Aussendung der Wettbewerbsleiter ist von „neuen Perspektiven“ die Rede, weil künftig „alternierend an den wichtigen Opernhäusern der Welt“ gesungen werde.Moment mal: Die wichtigen Opernhäuser – stehen nicht drei davon in Wien? Die Staatsoper, das Theater an der Wien (das neuerdings für die Kammeroper zuständig ist) und mit vielen Einschränkungen die Volksoper? Oder sind die plötzlich nicht mehr wichtig?Der Belvedere-Wettbewerb, schon aufgrund des Namens eine Wiener Institution, ist der weltweit bedeutendste für Nachwuchssänger. Heute renommierte Künstlerinnen und Künstler wie Ildikó Raimondi, Elina Garanča, Angelika Kirchschlager, Angela Gheorghiu, Matthias Rexroth traten an – nicht zwingend wegen des Namens des Sängerwettstreits, sondern wegen des Austragungsortes. Wenn nun anderswo gesungen wird (wo es übrigens eigene Wettbewerbe gibt), ist das ein Tod auf Raten.Es ist eine Schande, dass man sich, mutmaßlich aus Kleingeistigkeit, nicht auf ein Zukunftsmodell in der Musikstadt Wien geeinigt hat. Kurzfristig wird man diese Verstoßung kaum bemerken. Langfristig ist sie ein Skandal.
gert.korentschnig@kurier.at
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