Österreichs vertane Oscar-Chance

Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Mit dieser Ignoranz ist Österreich sogar in guter Gesellschaft .

von Gert Korentschnig

Über eine verpasste Oscar-Chance:

Es ist der richtige Schauspieler, der den Oscar gewonnen hat: Leonardo DiCaprio zählt seit Langem zu den Besten seines Faches. Aber es ist der falsche Film, für den er ihn gewonnen hat: „The Revenant“ ist großes Testosteron-Kino, revanchistischer als die Originalstory, für Hollywood auffrisiert, perfekt gefilmt, aber zu lang. Und DiCaprio liegt die meiste Zeit nur halb tot herum und bringt kein Wort heraus (im Gegensatz zu seinem Gegenspieler Tom Hardy) – das macht er jedoch phänomenal. Jedenfalls hat DiCaprio mit „The Revenant“ bereits (zumindest) zum zweiten Mal Filmgeschichte geschrieben: Sein Kampf mit dem Bären wird ebenso in Erinnerung bleiben wie sein Ausruf „I’m the king of the world“ am Bug der Titanic mit Kate Winslet.

Schade, dass „Der Marsianer“ von Sir Ridley Scott keinen Preis gewonnen hat – aber die feine Ironie in dieser Wissenschafts-Sci-Fi-Drama-Satire war offenbar nicht Sache der Academy. Ebenso wenig wie das große Quoten-Kino: Die zuletzt an den Kassen erfolgreichsten Filme gingen (mit Ausnahme des Preises für den besten Song in „Spectre“ und des Animationsfilmes „Alles steht Kopf“) allesamt leer aus. Der erfolgreichste für Schauspielkunst prämierte Film („ The Revenant“) liegt in dieser Einnahmen-Statistik auf Platz 18.

Schon vorab relativ klar war, dass der ungarische KZ-Film „Son of Saul“ den Oscar für den besten fremdsprachigen Beitrag gewinnen würde. Die Geschichte, die erzählt, wie Saul seinem Sohn die letzte Ehre einer jüdischen Bestattung erweisen will, hatte schon in Cannes den Großen Preis der Jury sowie zuletzt den Golden Globe gewonnen.

Regisseur László Nemes hatte den Film übrigens zunächst für die Berlinale eingereicht, er wurde jedoch für den Wettbewerb abgelehnt. Nemes hatte ursprünglich auch versucht, in Österreich einen Koproduzenten zu finden, war an mehreren Stellen vorstellig geworden – und ist ebenso abgeblitzt. Mit dieser Ignoranz ist Österreich sogar in guter Gesellschaft (mit Deutschland, Frankreich und Israel). Definitiv kein Ruhmesblatt oder Indiz für besonderes Gespür.

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