Morbus Wagner

Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Dass in den stundenlangen Aufführungen Schmerz und Freud’ so nah beieinander liegen.

von Gert Korentschnig

über Wagner-Premieren

Gut möglich, dass Puccini-Adoranten oder Rossinianer, von Offenbach-Freunden ganz zu schweigen, ein Wort nicht mehr hören können. Dennoch sei es noch einmal in den Raum geworfen, zu dem in diesem Sommer die Zeit wird, wie es bei „Parsifal“ heißt. Es lautet: W A G N E R.

Little Richard wird ja heuer gefeiert wie kein anderer. Dass Salzburg Verdi noch intensiver bejubelt, hat wohl primär mit der größeren Dichte an Stars in diesem Repertoire zu tun. Morgen, Sonntag, gibt es aber ebendort Österreichs letztes Wagner-Event dieses Jahres: Eine konzertante Aufführung von „Rienzi“. Für den Autor dieser Zeilen ist es – nach Bayreuth und den Salzburger „Meistersingern“ – die siebente Wagner-Premiere innerhalb kürzester Zeit. Und er ist schon auf die physischen und psychischen Auswirkungen dieses Morbus Wagner neugierig.

Bisher konnte er an Krankheitssymptomen Ermüdungserscheinungen nach dem Vorspiel, Hitzewallungen in den zweiten Aufzügen, Aggressionen gegen sich ständig bewegende Nachbarn in den finalen Akten, Intoleranzen gegenüber den Ausreizern der Pausenzeiten, die ganze Reihen aufstehen lassen‚ Juckreiz am Außenohr bei starkem Vibrato, leichte Schmerzen im häutigen Labyrinth bei schrillen Höhen und heftiges Ohrensausen beim Dirigat von Daniele Gatti beobachten.

Aber das ist ja das Schöne an Wagner: Dass in den stundenlangen Aufführungen Schmerz und Freud’ so nah beieinander liegen.

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