Die Opern-Tifosi
Wenn musikalischer Fanatismus auf Nationalismus trifft, ist das heftiger als im Fußball-Stadion.
Wenn am Freitag an der Mailänder Scala die Opernsaison mit „ Lohengrin“ eröffnet wird, ist das für die italienischen Musikfreunde wie Nikolo und Krampus an einem Tag.
Die einen freuen sich, dass Richard Wagner vor seiner Jahresregentschaft (er wurde 1813, also bald vor 200 Jahren geboren) gebührend gefeiert wird – noch dazu war „Lohengrin“ die erste Oper des Bayreuther Meisters, die in Italien aufgeführt wurde.
Die anderen sind ob der „Germanisierung“ empört, weil Giuseppe Verdi im selben Jahr zur Welt kam und das renommierteste Operntheater gefälligst die italienische Variante, also ein Werk des Genies aus dem Herzogtum Parma, hätte wählen müssen.
Nun sind Opernnarren ja an sich schon eine seltsame Spezies (und der Autor dieser Zeilen weiß, wovon er spricht, weil er sich selbst dazu zählt). Wenn aber musikalischer Fanatismus auf Nationalismus trifft, ist das heftiger (und bestimmt nicht gesitteter) als im Fußball-Stadion. Wer weiß, vielleicht tragen ja einige Premierengäste in Mailand Buttons auf ihren Smokings mit der Aufschrift: „Giuseppe, wir wissen, wo dein Auto steht!“ Möglicherweise erheben sich sogar einige nach der Gralserzählung und beginnen wie in der Mailänder San-Siro-Arena unter dem Absingen von Sprechgesängen zu springen: „Wer nicht hüpft, der ist ein Wagnerianer!“
Bizarr? Nicht bizarrer als dieser verrückte Opernstreit.
gert.korentschnig@kurier.at
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