Besetzungscouch
Manche Ballerinas sollen reichen Männern wie Prostituierte zugeführt worden sein.
Dass der Ballettchef des weltweit gefeierten Moskauer Bolschoi-Theaters Opfer eines Säureanschlages wurde, war zunächst eine furchtbare chronikale Geschichte, ein hinterhältiges Verbrechen. Nun werden aber immer mehr Hintergründe und Vorgänge in dieser Kompagnie bekannt, die – wenn sie stimmen – viel über die Zustände aussagen und die Mär vom Traumjob einer Balletttänzerin (oder auch anderer Künstler) stark relativieren.
Es gab offenbar schon seit einiger Zeit Hass und Intrigen, Kämpfe um die Rollen – und manche Ballerinas sollen reichen Männern wie Prostituierte zugeführt worden sein. Dieses Thema der sexuellen Ausbeutung von Tänzerinnen ist nicht neu und wurde auch schon literarisch verarbeitet. Wenn nun aus der Dichtung in diesem Ausmaß Wahrheit wird, ist Feuer am Dach.
Bestimmt ist Russland nicht das einzige Land, wo Derartiges passiert (oder passieren könnte). Und das Ballett-Genre ist garantiert keine Ausnahme. Das zurzeit stark diskutierte Sexismus-Thema macht vor der Kunst – in unterschiedlichem Ausmaß – nicht Halt: Junge Mädchen sind mit unanständigen Angeboten zur Steigerung der Karrierechancen konfrontiert; manche glauben sogar, selbst offensiv werden zu müssen. Da ist der Dirndl-Sager so ziemlich das Trivialste, was sie zu hören bekommen. Die oft verharmloste Besetzungscouch ist traurige Realität. In einem beinharten, auch sexistischen Business.
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