Neues Leben im bekannten Haus
Die Lindengasse war im Gegensatz dazu nagelneu und blitzblank
Das ehemalige KURIER-Haus wird jetzt Flüchtlingsunterkunft: schön für die Flüchtlinge, die dort wohnen werden. Denn das Gebäude in der Lindengasse ist eine wirklich angenehme Behausung. Ihre Autorin hatte dort ihren Schreibtisch nicht nur ein Mal stehen, sondern zwei Mal.
Denn bevor es das KURIER-Haus wurde, war es das profil-Haus: Das Magazin war aus der Marc-Aurel-Straße dorthin übersiedelt, aus einem langen Gang von Büro-Kammerln, die von Generationen von RedakteurInnen bis unter die Decke mit Akten und Zeitungen vollgestapelt waren und, wohlwollend ausgedrückt, tüchtig Patina aufwiesen.
Die Lindengasse war im Gegensatz dazu nagelneu und blitzblank, mit großen, hellen Büros, von denen ich eins im sechsten Stock teilte. Man hatte dort keine üble Aussicht, aber lang keine so grandiose wie ganz oben im elften Stock. Bevor sich in der Lindengasse so etwas wie Patina ansetzen konnte, übersiedelte profil erneut und machte der Redaktion des KURIER Platz, der aus den ebenfalls außerordentlich patinösen Räumlichkeiten in der Seidengasse eine Parallelstraße weiter zog. Bis vor einem Jahr, nun residiert der KURIER bekanntlich in Heiligenstadt.Wie jetzt bekannt wurde, werden im ehemaligen KURIER-Gebäude, mitten im siebten Bezirk, bald Vertriebene aus Syrien neu ausgebaute Unterkünfte bekommen. Ich denke, es wird ihnen dort nicht schlecht gehen. Es ist ein angenehmes Haus, in einem angenehmen, toleranten und ziemlich jungen Bezirk, dessen Bewohnerinnen und Bewohner den Kriegsflüchtlingen wohl überwiegend mit Wohlwollen und Hilfsbereitschaft entgegenkommen werden. Es gibt dort eine gute Infrastruktur und ein lebendiges Neben- und Miteinander. Und es wird dem Bezirk, der seit ein paar Jahren als Bobo-Bezirk verschrien ist, ganz guttun, wenn dort ein bisschen neues Leben hineinkommt, ein paar Hundert Menschen, die frischen Wind bringen werden. Sie bekommen jedenfalls ein feines Haus – und eine gute erste Adresse für ein neues Leben.
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