Vor 42 Jahren mutiger

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Wie intelligent und mutig im Vergleich zu heutigen TV-Produktionen!

von Guido Tartarotti

über "Mundl" und andere Wiederholungen.

Zwei Dinge ärgern Fernsehende verlässlich: Werbeunterbrechungen und Wiederholungen. Ich mache mich jetzt mit Anlauf unbeliebt und gestehe: Ich liebe beides.

Ich finde es wunderbar, alle halben Stunden aufstehen zu können, um aufs Klo zu gehen, Bier zu holen, ein paar Bissen zu essen, den Hund auszuleeren, die Wäsche auf den Dachboden zu tragen oder einfach laut zwei Rocksongs zu hören, bevor man wieder in die hoffentlich wahnsinnig spannende Geschichte zurücksteigt.

Ähnlich geht es mir mit Wiederholungen: Sie gehören zum Sommer. Da im Sommer nicht viel ferngesehen wird, zeigen die Sender irgendwelche Wiederholungen. Die sind dann oft besser als das reguläre Programm.

Zum Beispiel am Freitag im ORF „Das Salz der Erde“, also die zu Recht legendären ersten beiden Folgen des „Mundl“ (die vor 42 Jahren als zweieiliger Fernsehfilm konzipiert worden waren – wobei man dazu „Fernsehspiel“ sagte). Im ORF gab es damals den Programmentwickler Kuno Knöbl, der kein Risiko scheute und eine eigene Programmfläche für wilde Jungfilmer freiräumte. Die Geschichten des Arbeiterdichters Ernst Hinterberger waren radikal anders als die damals im Fernsehen üblichen Heile-Welt-Familien: Realistisch, ungeschönt, grob, aber auch voller Herzenswärme.

42 Jahre später ist man verblüfft, wie gut die „Mundl“-Episoden geschrieben, inszeniert und gespielt sind – und wie intelligent und mutig sie im Vergleich zu heutigen TV-Produktionen sind.

Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 11. September im Kabarett Niedermair zu sehen, am 27. September im Theater am Alsergrund, am 29. September in der Bühne im Hof in St. Pölten und am 5. Oktober in der Stadtgalerie Mödling.

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