Das Merkwürdige daran ist ja: Sobald es interessant wird, schaltet die Regie weg.

von Guido Tartarotti

über die Gesichter-Filmerei bei der WM

Wann ist dieses Ritual eigentlich erfunden worden? Vor 20 Jahren? Dieses Ritual: Einzelne Zuschauer beim Fußball zu filmen und darauf zu warten, dass sie ihre Gesichter auf den Bildschirmen entdecken.

Das Merkwürdige daran ist ja: Sobald es interessant wird, schaltet die Regie weg. Solange die Menschen nicht merken, dass sie gefilmt werden, verhalten sie sich ganz normal. Fiebern mit, leiden, fadisieren sich – je nach Spielverlauf. Sobald sie sich auf den Bildschirmen sehen, beginnen sie, sich zu inszenieren – meist, indem sie sich selbst zujubeln (gejubelt wird immer Richtung Bildschirm, nie Richtung Kamera). Sogar spanische Stadionbesucher erwachten in dieser Situation aus ihrer tiefen Trauer und taten so, als wären sie fröhlich.

Bei Uruguay gegen England zeigte die Regie einen kleinen Buben mit einer herrlichen Zahnlücke. Als er sich selbst sah, erstarrte er für eine Sekunde – und versteckte sich dann. Womöglich die einzige natürliche Reaktion.

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