Die Wahrheit ist zumutbar

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Der stets tief beeindruckende Ari Rath.

von Guido Tartarotti

über die ORF-Sendungen zum Mauthausen-Gedenken.

Der Autor dieser Zeilen ist in der Hinterbrühl der Siebzigerjahre in die Schule gegangen. Oft war von der Seegrotte die Rede, stets mit dem Hinweis versehen: Das ist der größte unterirdische See Europas. Im Kopf des Kindes formte sich ein Gefühl: Toll, wir sind Europameister im Bewerb „große unterirdische Seen“. Darauf kann man stolz sein, das können die in Maria Enzersdorf, Mödling oder Gießhübl nicht für sich in Anspruch nehmen. Zumindest ein Mal besuchte man die Seegrotte bei einem Schulausflug. Das war ein Abenteuer, man fuhr in Booten durch die erleuchtete Höhle, ein klaustrophobisches und gleichzeitig schönes Gefühl.

Dass in der Seegrotte Gefangene des KZ Mauthausen Zwangsarbeit leisten mussten und gequält wurden, davon war damals nie die Rede, nicht ein einziges Mal.

Der ORF hat, wie einige andere Medien auch, historische Verdienste im Öffnen von Augen, im Beleuchten einer oft nur zu gern im Dunkeln vergessenen Vergangenheit (nur ein Stichwort: „Österreich II“). Die „ZIB2“ am 8. Mai, übertragen in einer gespenstisches Atmosphäre aus dem nächtlichen KZ Mauthausen, mit Gästen wie dem stets tief beeindruckenden Ari Rath, war in diesem Sinn ebenso vorbildlich wie die anschließende Dokumentation über die letzten Kriegstage.

Irritierend war nur wieder einmal (ja, der Hinweis mag lästig sein): Warum zeigt man das alles nicht zur besten Sendezeit? Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar – aber erst nach 22.30 Uhr?

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