Der abwesende Journalist

Philipp Wilhelmer

Philipp Wilhelmer

Man muss allerdings bedauern: Seither ist eigentlich nichts besser geworden.

von Philipp Wilhelmer

über frühe TV-Duelle

Vor 30 Jahren endete im österreichischen Fernsehen die schmucke Tradition, die beiden Kanzlerkandidaten bei ihrem TV-Duell allein im Studio zu lassen. 1971 etwa sah man (heute via TVthek)den damaligen ORF-Chefredakteur Alfons Dalma, der den roten Kanzler Bruno Kreisky und seinen VP-Herausforderer Karl Schleinzer artig vorstellte, um sich dann mit dieser vielsagenden Floskel zu entfernen: „Mir bleibt es nun, bevor ich mich zurückziehe, den Herren alles Gute zu wünschen.“ Kreisky hatte vor sich das halbe Büro ausgebreitet, wedelte mit seiner mächtigen Brille – und Schleinzer verlor. Dasselbe passierte Josef Taus vier Jahre später und danach noch einmal. Die erste TV-Konfrontation ohne Kreisky war zugleich auch die erste mit journalistischem Beistand: Franz Vranitzky und Alois Mock hatten 1986 gleich drei ORF-Chefredakteure als Gegenüber, die dem Talk der Herrschenden ein demokratischeres Gesicht verliehen. Ein Meilenstein. Man muss allerdings bedauern: Seither ist eigentlich nichts besser geworden.

Kommentare