222 Minuten Osterschinken

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Früher hätte es das nicht gegeben: Karfreitag ohne „Ben Hur“. Vermutlich war es gesetzlich vorgeschrieben: Irgendein Sender musste den größten Osterschinken der Filmgeschichte auftischen.

Exakt 222 Minuten dauert die Literaturverfilmung aus dem Jahr 1959: Der jüdische Adelige Ben Hur weigert sich, seinem Jugendfreund, dem Römer Messala, dabei zu helfen, jüdische Befreiungsbewegungen zu unterdrücken. Er wird zum Galeerensträfling, rettet einem römischen Konsul das Leben, wird von diesem adoptiert, lernt Kaiser Tiberius kennen, wird als Wagenlenker zum Sportidol, wird Günstling eines arabischen Scheichs, gewinnt ein wichtiges Rennen, wobei Messala ums Leben kommt, rettet seine Familie aus einer Lepra-Kolonie, wohnt der Kreuzigung Jesu bei, findet die Liebe, bekehrt sich zum Christentum, und das waren nur die wichtigsten Handlungsstränge (dafür sind 222 Minuten eh recht kurz).

Ben Hur“ ist aus heutiger Sicht ein ebenso beeindruckendes wie komisches Kuriosum, die Schwülstigkeit der Inszenierung wirkt erheiternd, ebenso das übertriebene Schauspiel. Messala-Darsteller Stephen Boyd legte die Wut seiner Figur als enttäuschte homoerotische Liebe an, was der stockkonservative Ben-Hur-Darsteller Charlton Heston nicht wissen durfte. Heston wieder schaut meistens drein, als leide er unter Verstopfung, gewann aber dennoch den Oscar (Boyd bekam einen Golden Globe).

Wer sich selbst überzeugen will und genügend Tagesfreizeit hat: Ostersonntag, 16.20 Uhr, ProSiebenMaxx.

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