Die Kaiserin sah nie wie die Kaiserin aus, sondern immer wie Romy Schneider.

von Karl Hohenlohe

über eine Premiere in der Urania

Filmpremiere „Ludwig II“ in der Urania in Wien. Nein, den Hauptdarsteller hat man nicht in der Kutsche gebracht, er entsteigt einem ganz normalen Taxi und man überlegt, ob man enttäuscht ist. Dort drüben steht Frau Herzsprung, die als Kaiserin Elisabeth agiert. Sieht sie der Kaiserin ähnlich? Ja, schon, denn die Kaiserin sah nie wie die Kaiserin aus, sondern immer wie Romy Schneider. „Entzückend“, sagt eine ältere Dame im Vorübergehen, zückt ein kleines, vergilbtes Büchlein, wo auf Seite 4 „Romy Schneider“ unterschrieben hat und bald schon auf Seite 96 „Hannah Herzsprung“ stehen wird. „Ludwig II“ heißt Sabin Tambrea und wenn es einen Preis für den lautmalerischsten Namen eines Ludwig-Darsteller gäbe, hätte er ihn schon gewonnen. Wieder erliegt man dem Klischee, so hat man sich den König vorgestellt, blass, aber nur von der Gesichtsfarbe her, und groß gewachsen, denn kleine Könige finden in der Bevölkerung weniger Anklang. In den Anfangsjahren des Fernsehens sah ich einmal ein Interview mit einer uralten Bäuerin. In ihren Kindheitstagen war sie des Nachts vom Schellen unzähliger Glöckchen geweckt worden, sie lief zum Fenster und da glitt der seltsame König in einem Schlitten vorbei, der von vier Schimmeln gezogen wurde. Vorne, wo vier Putten einen Kronleuchter hielten, brannte ein elektrisches Licht. In Wien brauste Applaus auf und der König verließ die Urania so, wie er gekommen war. Wieder überlegte man, ob man enttäuscht war. Ja, weil man beim Wegfahren keine Glöckchen hörte.

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