Europa von innen: "Österreich könnte mehr bewirken"
In Brüssel ist Johannes Hahn durch und durch zum Europäer geworden, den Rückzug ins nationale Schneckenhaus findet der EU-Kommissar für Regionalpolitik als "nicht zielführend". Mit großer Geste zeigt er einer Gruppe österreichischer Journalisten das "Heiligste" im Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der EU-Kommission: Im Sitzungssaal im 13. Stock treffen die Kommissare jeden Mittwoch in einer ovalen Runde unter einem riesigen schiffsförmigen Luster zusammen. "Das Prinzip ist der Kompromiss", sagt Hahn. Leere Kaffeetassen, Zuckerdosen und Wasserflaschen stehen herum, hier wird hart verhandelt. Saaldiener bewachen die Unterlagen. Neben dem Platz von Kommissionspräsident José Manuel Barroso liegt das Geheim-Dokument über das Agrarbudget, nächste Woche wird es präsentiert. Der Versuch, darin zu blättern, wird harsch unterbunden: "Geben Sie Ihre Finger sofort weg!" Kommissar Hahn gesteht, gerne über die österreichische Innenpolitik zu reden. "Im Gegensatz zu Alfred Gusenbauer kommentiere ich gerne die Innenpolitik." Schmeichelhaft sind seine Bemerkungen über die Außen- und Europapolitik der Bundesregierung keineswegs. "Österreich könnte mehr bewirken, als es seiner Größe in der EU entspricht. Wir könnten mehr Gewicht in die Waagschale legen, die europäische Agenda viel stärker mitgestalten." Beispiele zeigen, dass Österreich auch etwas erreichen kann: "Die Finanztransaktionssteuer wurde von allen österreichischen Playern thematisiert."
Kein Kommentar
Ein Thema will Hahn nicht kommentieren: Den Zustand der Wiener ÖVP. Und zum Plagiatsvorwurf seiner Dissertation und zur möglichen Aberkennung des Doktortitels nur so viel: "Das schließe ich aus." Der ungarische Kommissar für Sozial- und Beschäftigungspolitik, László Andor , hat Ungarns neues Arbeitsrecht im Visier. "Ich schaue mir das genau an, begrüßenswert sind die Entwicklungen nicht." Die nationalkonservative Regierung von Premier Viktor Orbán kürzte die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld von 270 auf 90 Tage. Zudem wurde eine Art Arbeitsdienst eingeführt, der vor allem Roma trifft. Kommissar Andor will jetzt prüfen, ob die neue Gesetzgebung mit EU-Normen vereinbar ist.
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