Barroso braucht Faymann als Vermittler

EU-Strategie. Bundeskanzler soll Türen öffnen
Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig

Die häufigen Treffen haben eine übergeordnete strategische Bedeutung

von Dr. Margaretha Kopeinig

über in Vieraugen-Gespräch in Wien

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso liebt die österreichische Kultur, vor allem die Oper. Mittwochabend war er mit Staatssekretär Josef Ostermayer in Beethovens „Fidelio“.

Barroso schätzt aber auch die Gespräche mit Bundeskanzler Werner Faymann. Am Donnerstag treffen sie einander zum fünften Mal innerhalb eines Jahres zu einem Vieraugen-Gespräch in Wien. Beide hegen füreinander große Sympathien über Parteigrenzen hinweg, sie eint das Bedürfnis nach Harmonie und sie können herzlich miteinander lachen.

Die häufigen Treffen haben eine übergeordnete strategische Bedeutung für die Gestaltung der Europa-Politik. Der konservative Kommissionschef braucht den Sozialdemokraten Faymann als Verbindung zu Parlamentspräsident Martin Schulz ( SPD). Nicht immer liegen Kommission und Parlament inhaltlich auf einer Ebene, Faymann vermittelt in solchen Fällen. Er kommuniziert seinem Freund Schulz Anliegen und Wünsche der Kommissionsspitze und umgekehrt.

Faymann löst auch Konflikte zwischen den Mitgliedern des Europäischen Rates und dem Parlament. Aktuell geht es darum, noch vor dem Sommer den Sanktus der Abgeordneten zum mehrjährigen Budget zu bekommen. Die Regierungen brauchen Planungssicherheit und die Fördergelder. Zuletzt haben die Parlamentarier quer durch alle Fraktionen die Zustimmung zum Budget verweigert, weil zu viel gekürzt wurde.

Zweitens gilt der Kanzler als Vermittler zwischen den reichen, wettbewerbsfähigen Staaten und den Schuldenländern. „Faymann gleicht aus, er balanciert zwischen Nord und Süd. Er ist auf der einen Seite für Haushaltsdisziplin und Sparsamkeit, auf der anderen Seite hat er eine solidarische Einstellung den Südländern gegenüber“, analysiert ein hoher Kommissionsbeamter. Diplomaten, die das EU-Gipfelgeschehen beobachten, erzählen auch, dass Faymanns Wort bei Griechen, Spaniern, Portugiesen und jetzt wohl auch Zyprioten sehr viel zählt.

Für Barroso spielt Faymann noch eine weitere Rolle: Der Kanzler ist der Türöffner zu Europas Sozialdemokraten. Auch wenn von 27 Mitgliedern nur sieben sozialdemokratisch regiert sind (Frankreich, Österreich, Dänemark, Rumänien, Slowakei, Malta, Belgien; ab Juli auch Kroatien), brauchen EU-Entscheidungen ihre Zustimmung. Faymann „übersetzt“ den Genossen die EU-Beschlüsse und gibt beim roten Familientreffen Ezzes.

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