Frankreichs große Namen gegen den großen Schweizer Trainer

Frankreich gegen die Schweiz - das könnte eine Partie werden, die auch von der Taktik geprägt wird.
Lucien Favre

Lucien Favre

Das könnte eine Partie werden, die auch von der Taktik geprägt wird.

von Lucien Favre

über die Partie Frankreich - Schweiz

Ich kann nicht sagen, dass mich die Weltmeisterschaft bisher sehr begeistert hat – jedenfalls nicht, was das taktische Niveau betrifft. Gut möglich, dass sich das am heutigen Freitag ändert. Frankreich gegen die Schweiz – das ist ein Spiel, auf das ich mich sehr freue.

Ich bin in der französischen Schweiz aufgewachsen, da hat uns früher die französische Liga mehr interessiert als die Bundesliga. Diese Gewichte haben sich jetzt natürlich verschoben, aber den französischen Fußball verfolge ich immer noch sehr aufmerksam und den in der Schweiz sowieso.

Frankreich gegen Schweiz, das ist auch das Duell zweier sehr guter Trainer: Didier Deschamps gegen Ottmar Hitzfeld. Ich schätze beide sehr, vor allem ihr taktisches Verständnis. Frankreichs 4-3-3 gegen das Schweizer 4-2-3-1 – das verspricht hochinteressant zu werden. Für mich sind die Franzosen leichter Favorit, in erster Linie wegen der prominenten Namen.

Matuidi, Pogba, Griezmann oder Benzema, das sind schon hervorragende Leute. Schwächen? Diese waren im ersten Spiel nicht zu sehen, dafür war Honduras viel zu schwach, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Abwehr auf der linken Seite mit Evra und Sakho auf höchstem Niveau fehlerfrei spielt. Das wird der weitere Verlauf des Turniers zeigen. Und natürlich ist das Fehlen von Ribéry ein großer Verlust.

Starke Joker

Die Schweizer haben mich sehr beeindruckt im ersten Spiel gegen Ecuador. Ihr größte Stärke ist die mannschaftliche Geschlossenheit. Und anders als in der Vergangenheit haben sie jetzt auch Offensivspieler, die den Unterschied machen können. Manchmal kommen diese auch von der Bank wie im Spiel gegen Ecuador. Eben Spieler wie Mehmedi und Seferovic, der eine macht den Ausgleich und der andere sogar das Siegtor. Das waren zwei sehr gute Wechsel von meinem Kollegen Ottmar Hitzfeld, mein Kompliment.

Starker Neuner

Ohne solche Spieler, die 1:1-Situationen für sich entscheiden und mit ihrem Speed in die Tiefe gehen, bist du heute international ohne Chance. Du brauchst einen guten Torwart und vor allem eine gute Nummer neun, und perfekt ist es, wenn du auf der Bank so starke Alternativen hast. Früher hatte die Schweiz diese Optionen nicht. Die Qualifikation für die EM 2012 wurde ja auch deshalb verpasst, weil Mehmedi in Kiew nicht recht glücklich war, Seferovic in Lecce kaum zum Zug kam und Drmic damals in Zürich noch nicht so weit war.

Dieser Last-Minute-Sieg gegen Ecuador hat den Schweizern sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Ich will mich nicht so weit vorwagen und behaupten, dass das schon fast der Einzug ins Achtelfinale war. Aber die Chancen dafür sind sehr gut, selbst wenn das Spiel gegen Frankreich verloren gehen sollte. Aber dann geht es ja im letzten Spiel in der Hitze von Manaus gegen das schon von einer Roten Karte geschwächte Team aus Honduras, und da sehe ich sehr gute Chancen.

Der Schweizer Lucien Favre ist Trainer beim deutschen Bundesliga-Klub Borussia Mönchengladbach, 2009 wurde er in Deutschland zum Trainer der Saison gewählt. Der 56-Jährige gilt als Verfechter des Offensivspiels.

sport@kurier.at

Kommentare