Missbrauch von Pleite-Griechen

Polly Adler

Polly Adler

Die Krise kann für manche "sehr schöne Seiten" haben, findet meine zynische Freundin F.

von Polly Adler

über den erotischen Missbrauch

Diese Krise kann doch auch schöne Seiten haben“, versuchte sich F angesichts meiner Fassungslosigkeit zu rechtfertigen. Sie hatte mir gerade verraten, dass sie vor fünf Wochen in die Pleitenation Griechenland gereist war und zwar in das Zentrum des Elends selbst, Athen. Die Mission des Trips war "das Aufspannen eines erotischen Rettungsschirms" gewesen. Aber sicher, während man sich hier sinnlos abmühte, um bei Kochkursen oder bei irgendwelchen schwindligen Online-Services einen meist ohnehin längst vergebenen Mann abzugraben, wäre dort zwar der Staatshaushalt tiefer im Keller als die "Titanic", aber dafür eine Herren-Hausse "in full swing!" Ist ja auch völlig logisch, fand F: "Wo gibt es sonst so viele prächtige männliche Repräsentanten der Mittelklasse, deren Zukunft mit solchen bleigrauen Wolken verhangen ist. Denen muss ich doch wie ein irdischer Engel vorkommen." Und tatsächlich hatte F nach langem Ausharren in einem Café ein Exemplar gefunden, das durchaus fand, dass der Existenzkampf als Mittelschullehrer mit einer von ihrer Arbeitslosigkeit zermürbten Frau, inklusive eines asthmakranken Sohnes, mehr Realität zu bieten hatte, als er zu vertragen gewillt war. "Liebe auf den ersten Blick", sagte F verklärt, "Dimitri bricht jetzt die Zelte ab und will nach Wien kommen. Wir werden Babys haben." F war 47; Dimitri hatte zwar null Kohle, war aber schon Mitte Fünfzig. Ideale Voraussetzungen also, um als Familienvati noch einmal durchzustarten. Abgesehen davon: Diese Form des erotischen Missbrauchs einer Notsituation grenzt an Sexualkolonialismus, wie ihn schreckliche Ösi-Männer mit Ukrainerinnen oder Filipinas betrieben, und war zynisch. "Falsch, du idiotische Romantikerin", kläffte sie zurück, "es ist nicht zynisch, sondern praktisch. Meine Spende lebt nämlich und wie."polly.adler@kurier.at

Tipp: Polly-Lesung: 14.11., Casino Baden, 20 Uhr.

www.pollyadler.at

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