Erst am Ende ging die Post ab

Alexander Strecha

Alexander Strecha

Die meiste Zeit glich die Stimmung jener eines Opernbesuchs.

von Alexander Strecha

über Fußball schauen in Mallemort

Für 90 Minuten erwachte der verschlafene Ort Mallemort zum Nachtleben. Frankreich eröffnete die EM gegen Rumänien, da pilgerten die Einwohner zum kollektiven Schauen. Wo sonst kann die Post abgehen wenn nicht im Café de la Poste? Nomen est omen. Der Tischfußball-Tisch wurde auf die Seite geschoben, ebenso der Blumenschmuck, frei war der Blick auf die riesige Leinwand.

Erst am Ende ging die Post ab
Mallemort

Die junge Amélie trug ein Trikot des FC Arsenal und durfte sich später über das Tor ihres Idols Olivier Giroud freuen. Chefkellnerin Stéphanie kleidete gar ihre Waden in die Fußball-Stutzen der Equipe Tricolore. Stolz sei sie auf ihre Mannschaft. "Wir kommen bis ins Finale, weil wir eine gute Mannschaft haben." Nach dem knappen 2:1 gegen Rumänien sollte ihre Überzeugung am Ende des Abends nicht mehr so offensichtlich sein.

Die meiste Zeit glich die Stimmung jener eines Opernbesuchs. Nicht einmal bei der Marseillaise, der so beschwingten Nationalhymne, trällerten die Fans mit. Alle waren sie nervös vor dem ersten Auftritt ihres Teams. Louisa hatte Fahnen auf ihre Wangen gemalt, in der ersten Hälfte stand ihr dann auch noch Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als Griezmann die erste große Chance vergab: "Ah non, Antoine!"

Zwischendurch wurde aber doch eifrig geklatscht, weil nach einem kurzen Regenguss Gelsen die Zuschauer ähnlich plagten wie die Rumänen die Franzosen auf der Leinwand.

Erst am Ende ging die Post ab
Fans Mallemort

Das erlösende Traumtor von Payet hob dann die Stimmung doch noch entscheidend. Mit Hupen und Gesängen feierten die Einwohner von Mallemort den Auftaktsieg und bewiesen im Café de la Poste in der Nachspielzeit exzellenten Musikgeschmack: Aus den Lautsprechern tönten die Falco-Hits "Der Kommissar" und "Rock me Amadeus".

Stéphanie und ihre Kolleginnen beliefern täglich das schöne und moderne Medienzentrum am Trainingsgelände des ÖFB-Teams mit französischen Schmankerln, ihre Zuneigung zum Koller-Team geht also durch den Magen. Daher meinte sie nach dem Frankreich-Sieg – frei nach dem Motto nach dem Spiel ist vor dem Spiel: "Wir wollen, dass Frankreich gewinnt. Aber in diesen Wochen halten wir auch zu den Österreichern. Und am Dienstag drücken wir euch die Daumen. Ich bin sicher, dass ihr gegen Ungarn gewinnen werdet."

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