Krisen-Spiele

Bernhard Hanisch

Bernhard Hanisch

Das größte Sportfest der Welt kommt nicht zur Ruhe.

von Bernhard Hanisch

über die Spiele in Rio

Es war eine Meisterleistung der Dramaturgie, dass die suspendierte Staatschefin Dilma Rousseff bei der Eröffnung von Interimspräsident Michel Temer vertreten wurde. Dieser soll nämlich laut jüngsten Medienberichten vor zwei Jahren von einem korrupten Baulöwen mit 2,8 Millionen Euro gefüttert worden sein. Schmierig sind solche Zuwendungen. Schon Rousseffs Vorgänger stolperte über den Versuch, die Justiz bei der Aufklärung im Korruptionsskandal rund um den staatlichen Ölkonzern Petrobras zu behindern.

So surfte das Land seit der Olympia-Vergabe 2009 von einem Hoch ins Wellental, droht mittlerweile in seiner hausgemachten Krise zu ertrinken.

Und so taumelt das Veranstalterland auch noch vom Vorwurf getroffen, man hätte Brasiliens Athleten unmittelbar vor den Spielen keinen Doping-Tests unterzogen, in die nächste Imagekorrektur. Verdächtigt, entgegen der hochgelobten Gastfreundschaft, die internationale Konkurrenz hinters Licht geführt zu haben. Schade um die sehr sympathische Eröffnungsfeier.

Das größte Sportfest der Welt kommt nicht zur Ruhe. Nach der eigenwilligen, inkonsequenten Vorgangsweise des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in der Affäre um das russische Massen-Doping folgt die nächste Enttäuschung. Zumindest für den Rest der naiven Betrachter, die den Begriff "Ehre" noch als sportliche Disziplin begreifen.

Und die Niedergeschlagenheit darüber ist noch gar nicht verdaut, da folgt der nächste Tiefschlag. Das Komitee der Paralympics, die Weltspiele der Behindertensportler, griff durch. Ausschluss. Für alle russischen Teilnehmer.

Radikal zwar, aber: Doping im Behindertensport? Verständlich, weil auch behinderte Athleten allen Verführungen erliegen, um – egal, mit welchen Mitteln – erfolgreich zu sein? Unfassbar niederträchtig jedoch, weil der gesamte, ohnehin um Anerkennung kämpfende Behindertensport von einer Sogwirkung allgemein betrügerischer Praxis auf jenen Punkt gezogen wurde, den man schon weit entfernt glaubte: auf den Nullpunkt.

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