Dieses Projekt gilt mittlerweile schon als Symbol für den Straßenbaustopp von Leonore Gewessler. Es ist jener Lückenschluss für einen Straßenring um Wien, der in der Bundeshauptstadt selbst für heftige Konflikte zwischen der SPÖ und den Grünen sorgt.
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Es ist auch ein Projekt, das genauso wie etwa die Marchfeld-Schnellstraße S8 vom Nationalrat in einem Bundesstraßengesetz verankert worden ist und deswegen auch nur vom Parlament gestoppt werden könnte. Und nicht von der Ministerin. Sie müsste eigentlich diesen gesetzlichen Auftrag umsetzen. Das hat sie aber bisher sehr geschickt umschifft. Zuerst mit einer Evaluierung der Straßenbauprojekte und zuletzt mit einer neuerlichen strategischen Prüfung.
Pragmatisch könnte man nun schlussfolgern, dass Brunner nur seiner Aufgabe nachkommt, an die gesetzliche Umsetzung zu erinnern. Immerhin ist er derjenige, der als Finanzminister die Straßenbaupläne der Asfinag unterschreiben muss. Die politische Deutung ist da aber die spannendere – und auch passender: Brunner setzt sich auf jenes Thema, das in den Bundesländern für große Aufregung sorgt. Vor allem unter Entscheidungsträgern der ÖVP, die ihrer Bundesführung ankreiden, dass sie sich hier von der grünen Ministerin in Geiselhaft nehmen hat lassen. Gleichzeitig müssen sie zusehen, wie sich die FPÖ auf das Thema stürzt und bei all jenen als Regierungsalternative punktet, die angesichts des Baustopps für Entlastungsstraßen wie den Lobautunnel weiterhin unter starkem Durchzugsverkehr leiden müssen.
Mit dem Brief will der Finanzminister die ÖVP wieder ins Spiel bringen. Gleichzeitig zeigen dieses Schriftstück und die jüngsten Attacken des ÖVP-Generalsekretariats gegen Justizministerin Alma Zadić auch, wie die Türkisen ihr Profil gegenüber dem Koalitionspartner schärfen wollen: indem gezielt Gewessler und Zadić ins politische Visier genommen werden. Deswegen könnte das letzte Jahr der Koalition zu ihrem schwierigsten werden. Allen Beteuerungen von Kanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler zum Trotz.
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