Kickls Kalkül mit der Provokation

Der Innenminister schießt oft weit übers Ziel – und trifft manchmal einen Nerv.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Sechs Misstrauensanträge in gerade einem Jahr, das muss ihm einmal einer nachmachen. Herbert Kickl hat die parlamentarische Übung gestern erwartungsgemäß überstanden – und ist umso mehr das erklärte Feindbild der Opposition sowie einer aufgebrachten (Social Media-) Öffentlichkeit.

Zu vermuten ist, dass er das genießt. Herbert Kickl spielt brillant auf dem Klavier der unzulässigen Provokationen und der mehrheitsfähigen Positionen. Dass auch die Provokationen manchmal mehrheitsfähig sind, ist traurig, kommt ihm aber zupass.

Sein Sager vom Recht, das der Politik zu folgen habe und nicht umgekehrt, war so eine alle Grenzen überschreitende Provokation. Nämlich so, wie er den Satz in einen Konnex mit „irgendwelchen seltsamen rechtlichen Konstruktionen“ (Menschenrechtskonvention) gestellt hat, wie er „Feuer löschen“ gesagt und Asylwerber gemeint hat. Da nützen alle Zurechtrückungen nach Rüffeln durch Kanzler und Bundespräsident nichts: Da ist es mit dem früheren FPÖ-Reimeschmied – bewusst? – durchgegangen. Was ebenso unerträglich ist, wie es auf seinen politischen Charakter schließen lässt.

Kickl ist aber auch schlau. Sein Brief an die EU, dass kriminelle Asylwerber auch schon nach kleineren Delikten abgeschoben werden sollen, wird wohl von einer großen Mehrheit in der Bevölkerung unterstützt. Nicht, weil ein Ladendieb zwangsläufig irgendwann zum Frauenmörder wird, sondern weil Schutz und Hilfe gemeinhin auch mit einer minimalen Gegenleistung, nämlich sich an Regeln zu halten, verbunden wird. Ist einfach so.

Das weiß Kickl. Das nützt er oft bis zum Erbrechen für sich aus. Inhaltlich wird sich Europa zu der Frage dennoch etwas einfallen lassen müssen. So wie die Opposition mehr Ideen als nur Misstrauensanträge braucht.andreas.schwarz

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