Kein Deckel auf die Unzufriedenheit

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Ein Deckel auf Mieten als Zauberformel gegen die hohe Inflation. Das klingt gut, ist es aber nicht. Vor allem nicht für die ÖVP.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Natürlich waren die Sondersitzung im Parlament und die weiterhin zu hohe Inflationsrate jene Treiber, die dafür gesorgt haben, dass die türkis-grüne Bundesregierung bereits diese Woche ihr neues Anti-Teuerungspaket verkündet hat. Ein Schnellschuss war es dennoch nicht. Seit Wochen werden in der ÖVP-Führung Maßnahmen diskutiert, weil die anhaltende Teuerung allen schwer im Magen liegt. Wer die Arbeitsweise von Kanzler Karl Nehammer kennt, weiß, dass er selten etwas überstürzt. Erst wenn er das Gefühl hat, dass ein Thema von allen Seiten intensiv betrachtet worden ist, folgt die Entscheidung. Das kann dauern – manchen in seiner Partei dauert es oft zu lange.

Beim Mietendeckel wird es nicht anders gewesen sein. Es liegt ja eigentlich nicht in der DNA der Volkspartei, direkt in den Markt einzugreifen. Lange hat man sich dagegen gewehrt und versucht, Schieflagen durch Zuschüsse und Förderungen auszugleichen. Bis man in der Partei das Gefühl bekam, dass man die Unzufriedenheit mit der hohen Inflationsrate und der Teuerung so politisch nicht in den Griff bekommen kann. Es folgte die Abschöpfung von Zufallsgewinnen bei den Energiekonzernen, und jetzt kommt die Mietpreisbremse.

Wie man hört, soll es der explizite Wunsch des Kanzlers gewesen sein, dass bei den Mieten etwas passiert. Dass Wirtschaftsexperten wie Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt und Wifo-Chef Gabriel Felbermayr den geplanten Mietendeckel begrüßen, dürfte ihn da entscheidend bestärkt haben. Dass er damit in seiner Partei – vor allem im Wirtschaftsbereich – nicht nur auf Applaus stößt, das weiß er ganz sicherlich genauso.

Immerhin hätte er den Mietendeckel schon vor Monaten haben können. Damals konnte man sich mit den Grünen aber nicht einigen, weil diese es abgelehnt hatten, auch die ÖVP-Wünsche zur Schaffung von Eigentum in das Paket zu packen. Jetzt wird es die Mietenbremse geben, aber ohne den ÖVP-Passus, wie man in Zukunft wieder leichter und billiger zu Eigentum kommt. Dabei ist gerade dieser Begriff eine Säule der türkisen oder schwarzen Ideologie. Die angekündigte Gebührenbremse in den Gemeinden trifft auch die eigene Basis härter, weil es ja kaum grüne Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gibt. Ob die eine Freude damit haben, dass sich eine Regierung so in den kommunalen Bereich einmischt, muss angezweifelt werden.

Mit dem neuen Anti-Teuerungspaket rund um die Mietendeckelung, die schärferen Maßnahmen zur Abschöpfung von Energie-Zufallsgewinnen und dem Bremsen der Gebühren in den Kommunen hat man der rot-blauen Teuerungs-Sondersitzung im Parlament die Schlagzeilen geraubt. Ein Befreiungsschlag für die Bundesregierung, ein Deckel auf die Unzufriedenheit war es aber noch nicht.

Kein Deckel auf die Unzufriedenheit

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